Religiöse Diskriminierung in Ägypten

Christen wollen keine altislamische Kopfsteuer

Die Christen in Ägypten werden eine Sondersteuer nicht hinnehmen. Das betonte der katholische Kurienbischof Youhanna Golta in einer Fernsehsendung. Salafisten wollen die altislamische Kopfsteuer wieder einführen.
Ägyptische Frauen schauen auf Kairo

Nach ihrem Erfolg in der ersten Wahlrunde haben Salafisten, am saudi-arabischen Modell orientierte Islamisten, erklärt, wie sie sich die Zukunft des Nillandes vorstellen: Die Christen Ägyptens müssten entweder die von der alten islamischen Ordnung vorgeschriebene Kopfsteuer für Nicht-Muslime, die Jizya, zahlen oder das Land verlassen. Bischof Golta sagte dazu in der TV-Sendung «Masr al-Jadida» (Das neue Ägypten): «Das werden wir bis zum Martyrium ablehnen.»

«Zeit der Sklaverei»

Falls die zu erwartende islamistische Mehrheit im ägyptischen Parlament solche Dinge einführen wolle, würden sich die Christen zunächst an die Experten der Al-Azhar-Universität und an die gemässigten Muslime wenden. «Keinesfalls wenden wir uns an die Uno oder an irgendeine ausländische Macht, weil das nichts bringt. Und wenn alles nichts nützt, zahlen wir unser Blut dafür, dass man uns nicht in die Zeit zurückversetzt, in der wir versklavt waren… Wir sind der Ursprung dieses Landes und keine Gastarbeiter oder Immigranten», sagte der Bischof.

Mehrheit will auswandern

Rund zehn Prozent der achtzig Millionen Ägypter sind Kopten. Der Stimmenanteil von 24 Prozent, den die Salafisten in der ersten Wahlrunde im November erhielten, alarmiert viele Christen. Der koptische Anwalt Mamduh Nakhla schätzt, dass bis zu 90 Prozent der Kopten auswandern wollen. Werde die Scharia (wie von den Salafisten gefordert) eingeführt, würde der Alkoholverkauf verboten und der Tourismus eingeschränkt (getrennte Strände für Geschlechter). Auch Nakhla befürchtet laut der NZZ die Einführung der Jizya-Steuer. Nach 1839 wurde sie in Ägypten abgeschafft, Christen und Juden gelten seither als gleichberechtigte Bürger. Gemäss dem Anwalt streben auch die Muslimbrüder, die stärkste politische Kraft, die Wiedereinführung dieser Kopfsteuer an.

Islamisierung als Phase?

Ezzat Boulos, Chefredaktor eines privaten koptischen TV-Senders, kennt viele jüngere Kopten, die für die Weltoffenheit ihrer Heimat kämpfen und hier leben wollen. Die fortschreitende Islamisierung der Gesellschaft sei nicht zu übersehen, doch auch diese Entwicklung werde vorübergehen. Der Frau eines koptischen Geschäftsinhabers, die in Ägypten bleiben will, machen übers Internet verbreitete Hasstiraden radikaler Salafisten Sorge. Da werde zum Boykott koptischer Geschäfte aufgerufen.

Buch zum Thema:
Kurt Beutler: Warum gewisse Dinge schief laufen. Hält der Islam, was er verspricht?

Datum: 15.12.2011
Quelle: Livenet / Kipa / NZZ

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