Blasphemie-Gesetz trifft nebst Christen auch Hindus und Muslime
Von Januar 2011 bis Mai 2012 habe es 88 weitere Übergriffe gegeben, davon 64 gegen Muslime und 17 gegen Christen. Jüngster Fall war demnach eine Lynchjustiz in der Provinz Punjab. Der Muslim Ghulam Abbas, wegen angeblicher Entweihung des Koran in Polizeigewahrsam, sei von einer aufgebrachten Menge am Montag aus der Haftzelle geholt und bei lebendigem Leib verbrannt worden. Dabei habe die Menge acht Polizisten verletzt und vier Einsatzfahrzeuge beschädigt, berichteten örtliche Medien.
Keine Priorität bei der Regierung
Die Polizei werde sich der Missbräuche des pakistanischen Blasphemiegesetzes immer mehr bewusst, sagte der geschäftsführende Sekretär der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden bei der Bischofskonferenz, Peter Jacob, dem Pressedienst. Von der Regierung werde die Frage aber weiter nachrangig behandelt. Aktivisten für Menschenrechte gerieten zunehmend in Lebensgefahr. «Vielleicht ist die Chance vertan, die öffentliche Meinung gegen Blasphemiegesetze zu formen», sagte Jacob.
Kommentar
Hauptleidende sind Christen und Hindus
Wer Allah Mohammed oder den Koran beleidigt, kann in Pakistan mit dem Tod bestraft werden. So fordert es das Gesetzt. Zwar wurde noch niemand von staatlicher Hand wegen diesem «Vergehen» umgebracht, immer wieder aber geschieht dies durch die Lynchjustiz aufgeheizter Mobs. Allein der Verdacht genügt. Von radikalen Imamen angestachelte Fanatiker bemühen sich nicht um die Faktenlage. Oft wird das Blasphemie-Gesetz gebraucht, um sich an jemandem zu rächen.
Es ist eine Tatsache, dass in Pakistan insbesondere Muslime betroffen sind – und dennoch sind Christen und die ebenfalls stark diskriminierten Hindus die Hauptleidtragenden. Von den im Bereichszeitraum genannten 88 Übergriffen fielen 64 auf Muslime, 17 auf Christen und sieben auf übrige Religionen. Dabei ist zu bedenken: In Pakistan leben rund 175 Millionen Menschen. Davon gelten 96 Prozent als Muslime, 1,8 Prozent als Hindus und 1,6 Prozent als Christen. 17 Christen gerieten in der gemessenen Zeit in die Fänge des Blasphemie-Paragraphen und 64 Muslime. Damit die Proportion stimmen würden, hätten in der gleichen Zeit rund 1020 Muslime angeklagt werden müssen. Auch Hindus stehen im Verhältnis weitaus öfter wegen angeblicher Lästerung gegen Allah vor der Justiz.
Livenet recherchierte vor Ort und sprach mit Anwälten, Menschenrechtlern und auch Opfern der horrenden Gesetze. Das Leiden der Menschen – gleich welcher Religion – ist unermesslich und gehört beendet.
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Buch zum Thema:
Mir blieben nur Gebet und Tränen
Datum: 05.07.2012
Autor: Kipa / Daniel Gerber
Quelle: Kipa