Zum Tod von Kris Kristofferson

Why me, Lord? – Warum ausgerechnet ich, Herr?

Kris Kristofferson
Am 28. September ist die amerikanische Country-Legende Kris Kristofferson 88-jährig in seinem Haus in Hawaii gestorben. Er war der Autor von zahlreichen Hits – auch mit christlichem Inhalt.

Kris Kristofferson war ein faszinierender Charakter. Als Sohn eines Generals 1936 in Brownsville, Texas, geboren, zog es ihn gleichermassen zum Sport und zu den feineren Künsten hin. Er war Footballer und er boxte; seine grosse Leidenschaft aber waren die Poesie und das Schreiben. Er studierte – dank eines Stipendiums – Literatur in Oxford und schloss 1958 dort mit einem Bachelor of Honor ab.

Weil er Geld verdienen musste, ging er zur Armee und war unter anderem 1962 bis 1965 drei Jahre als Helikopterpilot in Deutschland stationiert. Zurück in den USA, liess er sich, statt einen wohldotierten Armee-Job als Englischlehrer in West Point anzunehmen, mit seiner jungen Familie in Nashville nieder, dem Mekka der Country-Musik. Als Hausmeister in den Columbia-Studios putzte er den Boden, wo Stars wie Bob Dylan oder Johnny Cash verkehrten. Immer wieder schrieb er eigene Lieder; als er June Carter Cash kennenlernte, gab er ihr eine Demo-Kassette für Johnny Cash, der sie aber nicht einmal anhörte. Kris Kristofferson setzte sich in den Helikopter, den er gelegentlich flog, und landete ihn im Garten von Johnny Cashs privatem Haus, um sich ihm vorzustellen. Über den Erfolg ist nichts bekannt, aber kurz darauf nahm Cash Kristoffersons Lied «Sunday Morning Coming Down» auf, das zum grossen Hit wurde und den Country Music Association Award gewann.

Musik und Film

Das war der Wendepunkt. Kristofferson wurde bekannt, zu grossen Festivals eingeladen, und Ende 1971 war er berühmt. Seine Songs wurden Hits, gesungen von Künstlern wie Johnny Cash, Willie Nelson, Ray Price, Janis Joplin, Olivia Newton-John, Dolly Parton, Kenny Rogers, Chet Atkins, Frank Sinatra, Elvis Presley, Emmilou Harris und anderen. Unter seinen elf Billboard-No.1-Hits war «Help me Make it Through the Night», «Sunday Morning coming Down», «Me and Bobby McGee» (unvergessen die ekstatische Version von Janis Joplin), «For the Good Times», «Jesus was a Capricorn» und andere. Seine engsten Freunde blieben Willie Nelson und Johnny Cash.

Kristofferson spielte in mehreren erfolgreichen Filmen mit; für seine Rolle im Remake von «A Star is Born» mit Barbara Streisand erhielt er den Golden Globe für den besten Schauspieler.

«Tiefe religiöse Erfahrung»

Kristofferson war ein rauer, leicht melancholischer Charakter und erlebte Aufs und Ab in seinem Leben. Berührend ist die Geschichte seines Hits «Why me, Lord» (Warum gerade ich, Herr?), wie er sie selbst erzählt. In einer Tief-Phase seines Lebens besuchte er auf Einladung von Freunden einen Gottesdienst, geleitet von Rev. Jimmie Rogers Snow. Ein Lied von Larry Gatlin, «Help Me, Lord», bewegte ihn tief. Was folgte, war in mancher Hinsicht ein typisch amerikanisches Erweckungserlebnis.

«Ich hatte eine tiefe religiöse Erfahrung», erzählt Kristofferson und sucht nach Worten: «Etwas, das mir vorher noch nie passiert war. Alle knieten nieder, und Jimmy sagte so etwas wie `Wenn jemand verloren ist, hebt bitte die Hand`. Ich kniete da – ich gehe nicht viel zur Kirche – und meine Hand zu heben, kam nicht in Frage. Aber plötzlich fühlte ich, wie meine Hand hochging, und ich hoffte, dass es keiner sah, denn alle hatten die Köpfe gesenkt und beteten. Dann sagte er so etwas wie `Wenn jemand Jesus annehmen will, soll er nach vorne kommen`. Ich dachte, das würde nie geschehen, aber plötzlich fand ich mich auf dem Weg nach vorn mit all diesen Leuten. Ich weiss wirklich nicht, was er genau sagte – es war so etwas wie `Bist du bereit, Jesus Christus in dein Leben aufzunehmen?` oder ähnlich, und ich sagte `Ich weiss nicht`. Ich wusste nicht, was ich da tat. Er sagte, ich solle niederknien – ich weiss nicht mehr, was er sagte, aber da kam eine ungeheure Erleichterung über mich, ich weinte öffentlich, und ich fühlte diese Vergebung, von der ich gar nicht wusste, dass ich sie nötig hatte.»

Hier das Lied «Why me Lord», das aus dieser Erfahrung entstand:

Warum ich, Herr? Was habe ich je getan, um auch nur eins von den Vergnügen zu verdienen, die ich erlebt habe?
Sag mir, Herr: was habe ich je getan, das es wert war, dich zu lieben oder die Freundlichkeit, die du mir erwiesen hast?

Refr: Herr, hilf mir, Jesus, ich habe es so verdorben, Jesus, ich weiss, was ich bin.
Jetzt, wo ich weiss, dass ich dich so sehr gebraucht habe, hilf mir Jesus, meine Seele ist in deiner Hand.

Prüf mich, Herr, wenn du meinst, dass es einen Weg gibt, dass ich versuchen kann, all das zurückzuzahlen, was ich von dir genommen habe.
Vielleicht, Herr, kann ich jemand anders zeigen, wo ich durchgegangen bin auf meinem Weg heim zu dir.

Kris Kristofferson war kein Heiliger, aber diese Erfahrung muss ihn geprägt haben. Seine dritte Ehe hielt über 40 Jahre; am Schluss seines Lebens verkaufte er seinen Besitz, alle seine Häuser und auch seine Farm in Kalifornien, um seinen acht Kindern eine gesicherte Zukunft zu geben – nach eigenen Worten ein bewusster Übergang in ein anderes Leben. RIP.

Sehen sie sich hier das Musikvideo an.

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Datum: 05.10.2024
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet

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