Parlamentarische Gruppe Schweiz-Israel: «Gegengewicht schaffen»

Zur einseitigen Schweizer Nahostpolitik und zur negativen Haltung der Medien gegenüber Israel muss ein Gegengewicht geschaffen werden. Das meint EDU-Nationalrat Christian Waber in einem Interview mit «ideaSpektrum Schweiz». Daher hat er zur Gründung einer Parlamentarischen Gruppe Schweiz-Israel aufgerufen. Das Echo ist gross.
Christian Waber
Calmy-Rey und Ahmadinejad

Idea: Warum liegt Ihnen gerade Israel so am Herzen?
Christian Waber: Israel ist für mich der manifestierte Beweis dafür, dass Gottes Plan in Erfüllung geht. Israel ist auch ein Garant dafür, dass im Nahen Osten in einem Staat Demokratie gelebt wird. Zudem steht Israel weltweit allein da. Es hat zwar den Krieg auf dem Schlachtfeld gewonnen, aber den Kampf in den Medien verloren. Darum müssen wir politisch ein Gegengewicht schaffen.

Was gab den Anstoss zur Gründung einer Parlamentarischen Gruppe Schweiz-Israel?
Es gibt weltweit bereits zwölf Parlamentarische Israel-Gruppen, von Japan bis Brasilien. Ende März trafen wir auf einer Israel-Reise in der Knesset auf den ehemaligen Tourismusminister und heutigen Abgeordneten Beni Elom. Er hat uns dazu ermuntert, auch in der Schweiz eine solche Gruppe zu gründen.

Wie gross ist die Unterstützung?
Bis jetzt haben 46 Parlamentarier aus den verschiedensten Fraktionen unterschrieben. Ich bin sehr überrascht über dieses grosse Echo. Ich informiere jetzt dann die 246 National- und Ständeräte über die Gründung. Dann werden sicher weitere dazukommen.

Wie erklären Sie sich diese positive Haltung gegenüber Israel?
Ich sehe dies als eine Gegenreaktion auf die starke Israel-Opposition im Parlament, vor allem von grünen und linken Parlamentariern. Es ist nahe liegend, dass wir uns in der Schweiz als kleiner Demokratie mitten in Europa mit der einzigen Demokratie im Nahen Osten solidarisieren.

Inwiefern hängt die Gründung Ihrer Gruppe mit der offiziellen Nahostpolitik der Schweiz zusammen?
Ein entscheidender Punkt! Wir sind mit der offiziellen Nahostpolitik überhaupt nicht einverstanden. Die «neutrale Haltung» baut zu sehr auf Unwahrheiten, zum Beispiel auf der Meinung, Israel sei Schuld am Unglück der Palästinenser. Wenn sich unsere Aussenministerin fröhlich mit dem iranischen Präsidenten fotografieren lässt, der immer wieder die Ausradierung von Israel verlangt, so ist dies eine ungeheuerliche Anbiederung.

Was will Ihre Gruppe daran ändern?
Als Interessengruppe wollen wir für eine verstärkte Ausgewogenheit in der Aussenpolitik eintreten und Israel in allen relevanten Fragen unterstützen. Wir wollen antisemitische Aktionen in der Schweiz verhindern oder aber aufdecken. Wir wollen bei den Medien vorstellig werden, um einzelne Vorfälle ins richtige Licht zu rücken. Und wir wollen mit den Parlamentskollegen in der Knesset direkte Kontakte pflegen.

Versuchen Sie auch auf die israelische Politik, etwa die Siedlungspolitik oder die Jerusalem-Frage, Einfluss zu nehmen?
Nein, gar nicht. Wir sind eine parlamentarische Gruppe, die sich aussenpolitisch neutral verhalten will. Wir wollen vielmehr Probleme wie den Siedlungsbau so darstellen, wie es den Tatsachen entspricht. Dass das Zusammenleben zwischen Israelis und Arabern sehr gut möglich ist, sieht man in Jerusalem selber.

Wie stellen Sie sich das Jerusalem der Zukunft vor?
Diese Frage haben wir in unserer Gruppe noch nicht erörtert. Wir als EDU führen aber in unseren Schwerpunkten auf, dass wir für Jerusalem als ungeteilte Hauptstadt eintreten wollen.

Kritik an Israel ist in Ihrer Gruppe nicht erwünscht?
Es ist ganz klar, dass wir Israel nicht einfach durch alles verteidigen wollen. Unsere Gruppe sieht den rein politischen Aspekt, und da gibt es zum Beispiel Vorbehalte zu den Repressionen gegenüber messianischen Juden in Israel. Sie müssen das Recht haben, ihren Glauben ungehindert zu leben. Ein anderer Punkt ist das Zusammenleben zwischen Israelis und Arabern. Hier legen wir Wert darauf, dass die Menschenrechte eingehalten werden.

Wie ist die Gruppe organisiert?
Als Initiant bin ich vorerst der Interimspräsident. Jean-Henri Dunant aus Basel ist der Vize. Dann haben wir in Bern ein externes Sekretariat. Der Vorstand wird sich während der Herbstsession konstituieren.

Wie schätzen Sie die Stimmung in der Schweizer Bevölkerung gegenüber Israel ein?
Ich sehe einen Riesenwandel. Noch 1967 beim Sechs-Tage-Krieg gab es eine sehr grosse Unterstützung für Israel. Unterdessen ist die Stimmung total gekippt, auch in christlichen Kreisen. Das sind für mich endzeitliche Erscheinungen. In der Bibel können wir lesen, dass sich alle Nationen gegen Israel wenden werden. Der Meinungsumschwung ist wesentlich auf die mediale Verführung zurückzuführen. Über Israel werden viele Unwahrheiten verbreitet. Dazu kommt in vielen Kirchen eine falsche Verkündigung. Es wird nicht gesagt, dass man unmöglich den Messias Jeshua gernhaben kann, ohne auch die Juden gernzuhaben, weil er selber ja auch ein Jude war.

Die negative Haltung stellen Sie auch in den Kirchen fest?
Eindeutig! Wir stellen fest, dass wir von den Israel-Werken kaum mehr zu Vorträgen in Kirchen und Gemeinden eingeladen werden. Auch von der EDU aus können wir Israel kaum mehr thematisieren. Viele Prediger haben Angst, das Thema könnte die Gemeinde spalten, weil das Anliegen der Palästinenser falsch dargestellt werde. Die Juden sind das auserwählte Volk Gottes. Und die-se Aussage polarisiert natürlich stark. Doch es ist die biblische Wahrheit.

Welches ist heute die grösste Bedrohung für Israel?
Das sind nicht die umliegenden Länder, sondern die Völkergemeinschaft innerhalb der UNO, die Israel immer wieder sehr einseitig verurteilt. Auch dort bewahrheiten sich die biblischen Aussagen, die darlegen, dass sich in der Endzeit alle Nationen gegen Israel wenden werden. Israel wird einmal ohne Freunde dastehen. Gerade Jerusalem ist für mich der klare Beweis der Existenz Gottes. Darum wird es die grosse Herausforderung für die Welt bleiben.

An einen politischen Frieden im Nahen Osten glauben Sie nicht?
Doch, ich glaube daran, aber es wird ein aufgezwungener Friede unter dem Titel «Land gegen Frieden» und damit gemäss der Bibel ein falscher Friede sein. Israel wird viel zu grosse Konzessionen machen müssen. Wir dürfen auch die starke Verwurzelung des Volkes der Juden im Alten Testament nicht vergessen. Gott lässt hier keine Vermischung von Juden mit andern Völkern zu. Nur dank dem Bund Gottes mit seinem Volk hat Israel überhaupt überlebt.

Welches wird der Beitrag Ihrer Gruppe zu diesem Frieden sein?
Wir wollen dazu beitragen, dass Israel als Staat überlebt und nicht vor lauter Konzessionen untergehen muss.

Die Mitglieder der Gruppe Schweiz-Israel

CVP: Jakob Büchler (SG)
EDU: Christian Waber (BE)
EVP: Ruedi Aeschbacher (ZH), Walter Donzé (BE)
FDP: Martine Brunschweig Graf (GE), Corina Eichenberger (AG), Doris Fiala (ZH), Peter Malama (BS), Werner Messmer (TG)
SP: Ricardo Lumengo (BE)
SVP: Adrian Amstutz (BE), Max Binder (ZH), Toni Bertoluzzi (ZH), Elmar Bigger (SG), Roland Borer (SO), Toni Brunner (SG), Jean Henri Dunant (BS), Yvette Estermann (LU), Hans Fehr (ZH), Silvia Flückiger (AG), Oskar Freysinger (VS), Lieni Füglistaller (AG), Hannes Germann (SH), Ulrich Giezendanner (AG), Alice Glauser (VD), Walter Glur (AG), Jean-Pierre Graber (BE), Alfred Heer (ZH), Jasmin Hutter (SG), Hans Kaufmann (ZH), Hans Killer (AG), Josef Kunz (LU), Ueli Maurer (ZH), Christian Miesch (SVP), Yvan Perrin (NE), Theophil Pfister (SG), Lukas Reimann (SG), André Reymond (GE), Hans Rutschmann (ZH), Simon Schenk (BE), Marcel Scherer (ZG), Ernst Schibli (ZH), Pirmin Schwander (SZ), Erich von Siebenthal (BE), Jürg Stahl (ZH), Hansueli Wandfluh (BE), Walter Wobmann (SO)

Datum: 30.07.2008
Autor: Andrea Vonlanthen
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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