Vergangenheitsbewältigung im EBV
Der EBV wurde zentral geleitet, vom Brüderrat (Versammlung der Gemeindevorsteher und Vollzeitprediger) und dem Komitee mit Fritz Pulfer als Präsident (1979-2001). Wie Pulfer in Heimisbach sagte, fand das Anliegen einer „freieren Gemeindeleitung" im Brüderrat in den 1960er Jahren keine Mehrheit. Die Abspaltung der Brüder, die 1967/68 die Freien Missionsgemeinden gründeten, erschütterte den EBV massiv; über ein Drittel der Gottesdienstbesucher fielen weg.
Fritz Pulfer, damals schon im Brüderrat, in Heimisbach zur grössten Krise: „Die Härten und Verletzungen tun uns sehr leid." Doch Gott, der grösser sei, habe weitergeholfen. Im Mai 2009 wurde endlich in einem Leitertreffen mit den Leitern der VFMG Versöhnung gefeiert.
Leitung bittet um Verzeihung
Als Industriemanager war Pulfer gewohnt, laut zu denken, wie er Livenet erläuterte. Dies wirkte sich im Brüderrat aus. Vor Beschlüssen wurde mehr diskutiert. Pulfer rang um die „natürliche Autorität", mit welcher Fritz Berger einst geleitet hatte. Mit den Formeln und Formen der Heiligungsbewegung des späten 19. Jahrhunderts kam der Brüderverein der in die Postmoderne gleitenden Gesellschaft nicht mehr bei. Es gab „immer mehr neue Fragen".Laut Pulfer begann nach 1980 ein interner Lern- und Erneuerungsprozess. Doch, so gestand er in seinem Rückblick im Zelt ein, sei man noch zu weit gegangen in der Auslegung der Bibel in Fragen der Heiligung. Die Gemeindevorsteher und Prediger hätten „Gläubige leider zu Unrecht oft stark belastet". Ihm tue es heute leid, dass er und das Komitee gegen „Übergriffe in Gemeinden" nicht vorgingen, sagte Pulfer zu den Versammelten.
Leitsätze in der Festschrift
In der Festschrift zum 100-Jahr-Jubiläum thematisiert die EBV-Leitung die doppelte Gefahr mangelnder Verkündigung und gesetzlicher Verhärtung:„In der Vergangenheit sind die Wahrheiten der Schrift, die klar erkannt wurden, mit grosser Überzeugungskraft und Schriftkenntnis gelehrt worden. Vor allem die Rechtfertigungslehre, die Stellung des gläubigen als Tatsache: Gerechtfertigt und geheiligt in Jesus Christus durch den Glauben. Die starke Betonung des Heilsindikativs liess leider oft in der Verkündigung den Imperativ bezüglich der Heiligung und Lebensgestaltung zu kurz kommen: ‚Gebt nun eure Glieder hin an den Dienst der Gerechtigkeit, dass sie heilig werden' (Römer 6,19).
Dieses Versäumnis verschonte uns leider auch nicht vor der Gefahr perfektionistischer Ansätze. Doch der Vorwurf, wir würden die Sündlosigkeit lehren, wurde immer widerlegt: Auch der bekennende Christ bleibt versuchlich und kann in Sünde fallen, wenn er nicht wachsam bleibt. Anderseits ist auch die Gefahr der Gesetzlichkeit vorhanden, indem man durch persönliche Leistungen, gute Werke und Einhalten frommer Vorschriften das Heil vor Gott erreichen will. Doch die Begründung (der Gewissheit des Heils; Red.) für den Sünder liegt allein in Jesus Christus: ‚Sie werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist' (Römer 3,24)."
Verfolgung - Versöhnung
Eine andere Facette der frühen Geschichte schnitt GfC-Präsident Beat Strässler an. Er reagierte auf die Bitte um Entschuldigung, die der Trachselwalder Gemeinderatspräsident Christian Kopp am Freitagabend namens seiner Behörde vor den versammelten EBV-Leitern vorgebracht hatte (die Einheimischen hatten Fritz Berger und den Anhängern der neuen Bewegung manchen Stein in den Weg gelegt und ihnen das Leben schwer gemacht). „Wir wollen vergeben", sagte Strässler und wünschte der politischen Gemeinde Trachselwald Gottes Segen.Start mit Tradition und Hoffnung: Bericht vom Jubiläumssonntag in Heimisbach
100 Jahre: Der Brüderverein und seine Nachbarn (Bericht vom Freitagabend)
Hintergrund: Aus dem Brüderverein wird die „Gemeinde für Christus"
Homepage der „Gemeinde für Christus"
Datum: 09.07.2009
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch