Bilanz des Genfer Gedenkjahres

«Man wagt wieder von Calvin zu sprechen»

Calvin ist nach Genf zurückgekehrt. Die Spektakel des Sommers 2009 bleiben im Gedächtnis. Im Gedenkjahr zum 500. Geburtstag des sprachmächtigen Reformators, wagte ein kleines Kreativ-Team, die elitäre Rhonestadt zu überraschen – mit Erfolg. Der Organisator Roland Benz zieht erleichtert Bilanz: Nachdem das Budget bloss um 1 Prozent überschritten worden war, haben Reformierte in der Stadt die fehlenden 220.000 Franken aus der eigenen Tasche zusammengelegt.
Höhepunkt des Calvin-Jahrs: Das Freilichtspiel «Calvin – Genève en flammes» sahen über 18.000 Personen
Haben endlich gut lachen: Roland Benz und seine Assistentin Christelle Perrier.
Im Hugenottendorf traten im Juli 2009 auch alte Genfer mit ihren Uniformen auf.
Disput: Das grosse Freilichttheater zeigte, dass Calvin schon im 16. Jahrhundert umstritten war.
Eröffnungsfeier des Calvin-Jahrs im November 2008.

Der Reformator, der Genf zwischen 1541 und 1564 umgeprägt und der Stadt den Weg zur heutigen Sonderstellung vorgezeichnet hatte, ist durch Publikationen und Veranstaltungen ins Bewusstsein der Stadt zurückgekehrt – als Geistlicher und Ethiker, als Sprachschöpfer und Kämpfer für soziale Gerechtigkeit, auch als facettenreicher Mensch. Manche Indizien deuten darauf hin, dass das Gedenkjahr nachwirkt: Im Gespräch mit Livenet weist Roland Benz auf die Reprise des Strassentheaters in diesem Sommer hin. Sie kam zustande, weil ein Sozialist, der eigentlich mit Kirche nichts am Hut hat, den Anstoss gab.

Freundschaften

Was den Organisator nicht weniger erstaunte: Alle am Strassentheater Beteiligten, Schauspieler und Helfer, wollten wieder mittun! «Manche sagen, dass sie den Protestantismus für sich entdeckt haben. Der Schauspieler Vincent Babel, der Calvin spielt, staunt selbst darüber – und sagt dies auch.» Echte Freundschaften seien im Lauf der Arbeit entstanden, sagt Benz – und winkt Babel zu, der eben am Strassencafé vorbei geht. «In der Arbeit mit mir haben die Leute gemerkt, dass ich kein geltungssüchtiger Theaterdirektor bin. Auch deswegen waren sie gleich bereit zur Reprise. Ich habe so etwas nie erlebt.» Den lebensfrohen Frührentner freute auch, dass der katholische «Courrier» zur Reprise einen «superpositiven Artikel» über den Menschen Calvin brachte.

Datum: 06.10.2010
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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