Am vergangenen Wochenende verabschiedete sich der durch Krankheit gezeichnete Billy Graham von den Gläubigen. "Der Sinn meines Lebens ist, Menschen zu helfen, eine persönliche Beziehung zu Gott zu finden. Ich glaube fest daran, dass dies nur durch Jesus geschehen kann", nach diesem Motto hat Billy Graham nach eigener Aussage gelebt. Helfer mussten den gläubigen Redner stützen, als er am Sonntag seine Botschaft verkündete. Er sprach offen über seine Krankheit und über den nahenden Tod: "Ich freue mich darauf, bald Gott ins Gesicht zu sehen." US-Medien betitelten Graham mit "Amerikas Pastor" und "Das Maschinengewehr Gottes". Die deutschen Zeitungen bezeichnen ihn als "Amerikas bekanntesten Prediger" und "Kreuzritter der Moderne". Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt: "Wie keiner zuvor hat Billy Graham der evangelikalen Bewegung in den USA neue Kraft eingepumpt. Zweifellos ist er dabei etwas wie eine Ikone Amerikas geworden, die Verkörperung der fast selbstverständlichen Integration ins Alltagsleben des Landes. Er trug entscheidend dazu bei, dass das persönliche Bekenntnis zu Gott in aller Öffentlichkeit selbstverständlich wurde." Reimer Klüver, der Autor des sechsspaltigen Artikels, nennt Graham einen Verkündiger simpler, eingängiger Botschaften. Das habe ihn immer echt wirken lassen - zumal er sich im Gegensatz zu vielen Glaubensbrüdern und Verkündigern der Frohen Botschaft "nie den Hauch eines Skandals geleistet hat". Die Abrechnungen seiner durch Spenden finanzierten Projekte habe öffentlich in der New York Times stattgefunden. Nichts habe von seiner Botschaft abgelenkt - "auf Graham konnten sich die Amerikaner verlassen". Die „NZZ“ bezeichnete den Abschied als den letzten Kreuzzug. „Der 86-jährige Billy Graham ist eine Legende, schon Roland Barthes hat ihn Anfang der fünfziger Jahre zu einem «Mythos des Alltags» erklärt. Nun hat der schwer kranke Evangelisten-Prediger noch einmal zu Reue und «Wiedergeburt» gerufen. „ Die "Frankfurter Rundschau" (FR) widmete dem Evangelisten eine Dreiviertelseite in der Montagsausgabe. Sie bezeichnet Graham als den Inbegriff der evangelikalen Bewegung in den USA", der sich als "multikonfessioneller Dienstleister im Namen des Herrn" verstehe. Neben etlichen kritischen Tönen würdigt die FR das Lebenswerk des Evangelisten: "Billy Graham war ein Versöhner. Die Aggressivität und der politische Aktivismus der jungen Wilden waren ihm fremd. So markiert sein Abgang in gewisser Weise auch die Radikalisierung der 'Evangelicals' in den USA." Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) nennt Graham den "Papst des amerikanischen Protestantismus", der zwar selbst ernannt sei, aber durch Massenzulauf gleichsam demokratisch legitimiert sei. Die FAZ erinnert daran, dass bei Billy Graham "seit Dwight D. Eisenhower jeder Präsident den geistlichen Rat und die Nähe des populären Evangelisten gesucht hat". Wörtlich abgedruckt ist auch das Zitat des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton: "Ich habe ihn immer geliebt. Er ist so ziemlich der einzige Mensch, der immer seinen Glauben gelebt hat." Die "Welt" schreibt in ihrer Onlineausgabe am 25. Juni: "Es ist erstaunlich, dass nicht einmal Todessehnsucht kokett klingt aus dem Munde eines Mannes, den viele mit Päpsten im selben Halbsatz nennen und den Päpste um Rat baten. Graham sagte in einem Interview mit CNN, Gott bürde ihm die Krankheiten mit gutem Sinn auf, sie hielten ihn demütig. Und doch sei er zufriedener denn je. In den 62 Ehejahren mit seiner Frau Ruth sei er nicht glücklicher gewesen als jetzt, da sie 'eine Invalidin' sei, die nur zwei Mal in der Woche noch das Bett verlasse. Das Nachrichtenmagazin N24 schreibt: "Graham, der auch als Erfinder der Fernsehgottesdienste gilt, hatte seinen Durchbruch zum Weltruhm vor nahezu fünf Jahrzehnten mit Predigten vor Tausenden im New Yorker Madison Square Garden geschafft. Seitdem galt er als symbolischer Führer des konservativen evangelischen Christentums der USA. Bei der Amtseinführung mehrerer Präsidenten sprach Graham das offizielle Gebet. Bei seiner Predigt in der Nacht zu Samstag verzichtete Graham aber wie gewohnt auf Kommentare zur Tagespolitik." Auch die "Tageschau", n-tv, RTL, Sat1 sowie "Der Spiegel" berichteten über den Abschied Billy Grahams. Dieser mit den Worten: Letzte Salve aus Gottes Maschinenrohr“ und „Abertausende kamen zur Massen-Messe, bei der die Herzen glühten und die Kasse klingelte.“ Seit 1949 predigte Graham vor mehr als 200 Millionen Menschen in 185 Ländern. Sieben Mal trat er auch in Deutschland auf, unter anderem bei der Großveranstaltung "pro Christ" im Jahr 1993. Billy Graham leidet an Prostatakrebs und der Parkinson-Krankheit. Er will sich zurückziehen auf seinen Ruhesitz in den Bergen von Nord Carolina. Seine Organisation "Billy Graham Evangelistic Association" wird auch nach dem Tod ihres Gründers weiterbestehen. Ein Sohn Grahams, Franklin Graham, führt bereits seit mehreren Jahren die Geschäfte und ist ebenfalls als Prediger unterwegs.
Datum: 02.07.2005Billy Graham in deutschsprachigen Zeitungen - die kurze Presseschau
Mit vier Gottesdiensten im Corona Park des New Yorker Stadtteils Queens hat sich der amerikanische Evangelist Billy Graham von der Öffentlichkeit verabschiedet. Auch die deutschsprachigen Zeitungen würdigten den weltbekannten Prediger mit umfangreicher Berichterstattung.