Am Tiefpunkt ihres Lebens sprach Gott
«Meine gesamte Jugendzeit hindurch war ich depressiv», beginnt Regula Sulser aus Niederhasli das Gespräch. Dennoch schaffte sie die Ausbildung als Koch. Immer wieder erlebte sie Zeiten, in denen sie mental und körperlich nicht in der Lage war, zu arbeiten. Ende der 90er-Jahre stand Regula am Tiefpunkt ihres Lebens – und zugleich unmittelbar vor dem Wendepunkt. Heute, 22 Jahre später, leitet sie eine Firma mit einst 45 Mitarbeitenden und kann selbst noch immer kaum glauben, wie es dazu kam.
Auf der Suche nach Erfüllung
Als die Wolken tiefdunkel über ihrem Leben hingen, war Regula Anfang 30.
Seit ihrer Kindheit ist sie mit dem christlichen Glauben vertraut und kennt die Bibel, auch den Vers im Johannes-Evangelium, Kapitel 10, Vers 10: «Ich aber bin gekommen, um ihnen das Leben in ganzer Fülle zu schenken.» Danach sehnte sie sich zutiefst, sagte zu sich und Gott: «Ich sehe in meinem Leben nichts von dieser Fülle, die du versprochen hast.» Einige Tage später sauste Regula das Wort «Mahlzeitendienst» durch den Kopf.
«Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, dass Gott zu Menschen spricht, war ich überzeugt, dass dies Gottes Reden war.» Aufgrund ihrer Depressionen hatte sie der Arzt wieder einmal krankgeschrieben. «Selbst kleine Dinge wie ein Telefonat strengten mich sehr an», erinnert sich Regula. Entsprechend bescheiden fielen ihre ersten Schritte aus: «Meine Grossmutter war die Erste, die ich mit Mahlzeiten belieferte.» Weitere Kunden kamen dazu. «Einmal war es eine Nachbarin, ein anderes Mal der Grossvater eines Kollegen – immer wieder konnte ich Leute mit Mahlzeiten beliefern.» Bald war Regula ihre Depressionen los. «Das hatte einerseits mit meiner neuen Aufgabe zu tun, andererseits, weil ich lernte, Menschen zu vergeben.»
«Dass Gott mir diesen Auftrag erteilte, als ich am Boden lag, begeistert mich.»
Mehr als ein Mahlzeitendienst
Im Januar 1999 gründete Regula ihr Unter-nehmen «Gourmet Domizil». Von der Bestellung übers Zubereiten bis zur Auslieferung erledigte sie alles in Eigenregie und belieferte vor allem kranke oder betagte Menschen. Regula erhielt immer mehr Anfragen und irgendwann drängte sich die Frage nach Verstärkung auf. Der erste Mitarbeitende sollte nicht der letzte bleiben.
Die Belegschaft wuchs und ein Restaurant mit 600 Plätzen kam dazu. Heute befinden sich «Meal&More» und die Grossküche in Regensdorf. Die Firma zählt 32 Mitarbeitende und 20 Fahrzeuge für die Auslieferung im gesamten Kanton Zürich. Seit 2019 bietet das Unternehmen auch einen Haushaltsdienst an: Wohnungsreinigung, kleinere Reparaturen, Begleitung zu einem Termin, Einkaufen und einfache Gartenarbeiten. Nie hätte sich Regula träumen lassen, einmal einen so grossen Betrieb zu leiten. «Ich bin mit meiner Firma mitgewachsen und schätze es heute sehr, so viele Mitarbeitende führen und ein Stück weit betreuen zu dürfen.»
Stärke in schwachen Zeiten
Rückblickend sagt Regula: «Dass Gott mir diesen Auftrag erteilte, als ich am Boden lag, begeistert mich. Offenbar müssen wir in unserem Leben nichts erreicht haben, damit Gott uns gebrauchen kann. Egal, wie unsere Möglichkeiten aussehen, seine sind grenzenlos.» Diese Erfahrung stärkte Regulas Vertrauen in Gott. Auch als sie harte Rückschläge zu verdauen hatte – ihre Scheidung etwa, die Erkrankung an Brustkrebs oder ihre epileptischen Anfälle – hielt sie an ihm fest. «Oft wusste ich nicht, wie mein Leben weitergehen sollte und konnte nur noch auf Gott vertrauen. Die Hoffnung und Zuversicht, die sie aus ihrem Glauben schöpft, gibt Regula auch als Unternehmerin weiter.»
Sich vom Herzen leiten lassen
Seit elf Jahren werden im «Meals&More» auch Seniorenfeste durchgeführt. Dazu sagt die Geschäftsführerin: «Es gibt viele einsame Senioren, die niemanden haben, der Zeit mit ihnen verbingt und ihnen ungeteilt zuhört.» Diese Menschen liegen Regula besonders am Herzen. Es ist ihr wichtig, Betroffenen Wertschätzung zu schenken und Interesse entgegenzubringen, sei es durch Musik zum Mitsingen, einem offenen Ohr oder dem Fahrdienst.
Während zahlreiche Gastrobetriebe unter den Corona-Schutzmassnahmen litten, legte «Gourmet Domizil» vor allem im ersten Jahr der Pandemie deutlich zu. «Immer wieder hatte ich den Eindruck, als hätte Gott meine Firma genau für diese Zeit ins Leben gerufen», sagt Regula und lächelt. Damit spricht sie auch auf die unzähligen Möglichkeiten an, einsame und ängstliche Menschen in schweren Zeiten zu ermutigen. «Als zu Beginn der Pandemie in den Einkaufsläden gehamstert wurde, befürchteten Senioren, leer auszugehen. Da war ein aufmunterndes Wort viel wert», berichtet Regula. Auch kleine Aufmerksamkeiten wie Blumen verfehlten ihre Wirkung nicht. Zu Ostern 2020 bekam sie von einem Floristen 1'000 Blumen geschenkt und konnte damit viel Freude verbreiten.
«Es gibt viele einsame Senioren, die niemanden haben, der ihnen ungeteilt zuhört.»
Als Team zusammengewachsen
Auch ihrer Belegschaft möchte Regula respektvoll und wertschätzend begegnen –unabhängig von Glaube oder Leistungsfähigkeit. «Ich habe einen tollen Betriebsleiter und wir pflegen eine intensive Kommunikationskultur», freut sie sich. Seit vielen Jahren erlebt Regula, dass Krisen auch Chancen sind und man daran wachsen kann. In der Pandemie bestätigte sich dies auf eindrückliche Weise. Regula erzählt: «Während der Coronazeit haben wir uns mit unseren Leuten besonders intensiv ausgetauscht. Das hat uns als ganzes Team enorm gestärkt.
In dieser Zeit begegnete mir nicht eine einzige Person mit schlechter Laune. Im Gegenteil, einige sagten konkret, sie sähen es als grosses Vorrecht, in einer so herausfordernden Zeit unserer Gesellschaft etwas Gutes zu tun.» Wenn auch die Kundschaft die gute Atmosphäre wahrnimmt, ist Regula glücklich: «Es ermutigt mich und bestätigt mir, dass Gott hier am Werk ist. Ich staune über seine Grösse und Macht, vor allem aber über seine Liebe zu uns Menschen.»
Zur Person:
Einer meiner Lieblingsplätze in Niederhasli:
Ich liebe meine Dachwohnung, besonders die Plätzchen vor dem Cheminée, zuoberst unterm Dachstock und im Wintergarten
Meine Lieblingsbeschäftigung an verregneten (Sonntag-)nachmittagen:
Lesen, Musik hören oder selbst musizieren und Nähen
Meine Lieblingsmusik:
Bluegrass von diversen Interpreten
Auf diese App möchte ich auf keinen Fall verzichten:
Meinen Kalender
Zur Website:
Datum: 21.11.2022
Autor:
Markus Richner-Mai
Quelle:
HOPE-Regiozeitungen