Heisse Themen in Thun

«Liebe deinen Körper» – aber wie?

Nancy Pearcey (Mitte) an der «Culture Shift»-Konferenz in Thun
Unter dem Thema «Culture Shift» beschäftigten sich am 7. und 8. Juni über 400 vorwiegend junge Menschen in Thun mit Fragen rund um Glaube, Gender und Sexualität. Referentin war Nancy Pearcey, Autorin des Bestsellers «Liebe deinen Körper».

Die Konferenz wurde organisiert von einer Trägerschaft aus verschiedenen christlichen Bildungsorganisationen und Medienplattformen, darunter ISTL, Jugend mit einer Mission Wiler, Daniel Option (Paul und Peter Bruderer), ACTS und das Fachnetzwerk Designed (Christian Salvisberg).

Tiefer graben

«Wir wollen nicht an der Oberfläche bleiben, sondern tiefer graben», wurde den jungen Teilnehmern von Anfang an als Auftrag mitgegeben. Tiefer graben, das bedeutet etwa die Frage «Welche Weltanschauung liegt der säkularen und welche der christlichen Sicht vom Körper zugrunde?». Nancy Pearcey hielt kritisch fest, dass auch viele (nicht nur junge) Christen einer «Zwei-Stockwerke-Weltanschauung» huldigten, nach der es unten, im objektiv-öffentlichen Bereich, um wissenschaftliche Fakten gehe und der Glaube im oberen, subjektiv-privaten und relativen Stockwerk stattfinde. Damit werde die Einheitlichkeit des biblischen Weltbildes aufgegeben, worauf vor allem der Kulturphilosoph und evangelikale Vordenker Francis Schaeffer von L`Abri (1912-1984) hingewiesen hat, durch den die Referentin auch zum christlichen Glauben gefunden hat. Die Wahrheit des Christentums sei nicht von historischen Fakten getrennt – genauso sei der «Geist» nicht vom «Körper» zu trennen, den Pearcey als «gute Schöpfung Gottes» bezeichnete.

Sowohl die frühere reine Wissenschaftsgläubigkeit als auch die entgegengesetzte heutige Abstützung des Geschlechts rein auf das Gefühl rissen den gesunden und komplexen Zusammenhalt von Körper und Seele auseinander. Entgegen der häufig geäusserten These von der «Körperfeindlichkeit» der christlichen Tradition ist es laut der Referentin die zutiefst christliche Überzeugung, dass der Körper gut ist, weil er von einem guten Schöpfer geschaffen ist.

Die Missachtung des Körpers

Das alarmierende Ansteigen von Genderdysphorie (vor allem bei Mädchen) hängt laut der Referentin zentral mit der Abwertung des Körpers zusammen: Wenn er nur eine zufällige Anhäufung von Zellen ist und ich mich darin nicht wohlfühle, dann komme schnell das Gefühl auf, im «falschen Körper» zu sein. Schulen seien heute der Haupt-Transporteur der Lehre «Ich bin nicht mein Körper» – die Transgender-Bewegung verbreite eigentlich sogar einen Körper-Hass.

Dem entsprechend empfahl die Referentin (die vieles im eigenen Umfeld erlebt hat) vor allem, eine positive Sprache für den Körper und das Geschlecht zu gebrauchen und nicht von Stereotypen auszugehen (typisch Junge, typisch Mädchen).

Ultimatives Ziel: Transhumanismus

Die Relativierung des Körpers durch die Gender-Theorie habe ein ultimatives Ziel, den Transhumanismus: die Lehre, dass der Mensch nur ein weiterer Schritt in der Evolution sei. Die Welt ist manipulierbare Materie und die menschliche Rasse nur ein biologisches Konzept, das man überwinden könne.

Die Referentin hielt demgegenüber fest: «Matter does matter» (Materie zählt). Christen dürften nicht «geistlicher als Gott sein», der schliesslich die Materie geschaffen habe. Darum müssten Christen eine höhere Sicht von der Materie haben, weil sie mit Sinn geschaffen ist.

Pearcey im Livenet-Gespräch: Vergeistigung, Aggression und Gegenbewegungen

Christen sollten Gott mit ihrem Leib verherrlichen, nicht nur mit dem Geist, erklärte die Referentin im Gespräch mit Livenet. Sie sehe durchaus die Gefahr einer «Über-Vergeistigung», gefördert durch eine Überbeschäftigung mit dem Geistlichen, grosse fromme Worte und die Bewegung in einer christliche «Blase». Zudem sei der Körper auch historisch in der Christenheit durch platonische Tendenzen immer wieder abgewertet worden.

Sie ermutigte Christen, positiv vom Körper zu reden, das Gespräch mit säkularen Freunden zu suchen und auch die Frage der Weltanschauung anzusprechen; dabei müssten sie sich bewusst sein, dass das, was für Christen «Wahrheit» ist, für säkular denkende Menschen nur eine «Meinung» und damit unverbindlich ist.

Gleichzeitig müssten Christen heute mit Hass und Aggression rechnen, wenn sie eine biblische und positive Sicht des Körpers vertreten: «Die Zeit, wo man noch christlich-höflich-nett miteinander geredet hat, ist vorbei. Wir leben nicht mehr in einer positiven Welt. Heute bleibt häufig nur noch die Aggression, die schlussendlich immer ein Ergebnis naturalistischer Weltanschauung und totalitärer Lehren ist.»

Ebenso sieht sie auch eine säkulare Gegenbewegung gegen die totalitären Tendenzen des Queer- und Gender-Kults mit Vertretern wie Louise Perry, Mary Harrington, Peachy Keenan, James Lindsay und anderen.

Die Konferenz wurde durch Seminare rund um Glaube und Sexualität ergänzt, in der Schweizer Leiter, Jugendpastoren und Vertreter der veranstaltenden Organisationen die im Plenum angesprochenen Themen vertieften.

Sehen Sie sich hier die Keynotes der Konferenz auf Deutsch an.

Zum Thema:
Kirche mittendrin: Die Gendertheorie hat Konsequenzen
Mann- und Frausein im 21. Jhd.: Individuelle Stärke statt starre Rollenbilder
Culture Shift Konferenz: Es geht um Identität, Körper und Sexualität

Datum: 12.06.2024
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet

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