Studie der Universität Lausanne

Positive Entwicklung der Schweizer Freikirchen bestätigt

Worship in einer Freikirche
Ein Team der Universität Lausanne hat unter der Leitung von Prof. Jörg Stolz untersucht, wie sich die Anzahl der Gemeinden aller Konfessionen zwischen 2008 und 2022 entwickelt hat. Es zeigt sieben positive Trends in Schweizer Freikirchen auf.

Die Universität Lausanne bestätigt in einer neuen Studie für den Zeitraum 2008 bis 2022 die fortschreitende Säkularisierung in der Schweiz: Die Zahl der lokalen religiösen Gruppen ist von 6341 auf 5883 Gruppen gesunken. Das entspricht einem Rückgang von 7,2 Prozent. Die Gesamtzahl regelmässig Teilnehmender an Ritualen lokaler Religionsgruppen in der Schweiz ist ebenfalls von etwa 894’000 auf 824’000 zurückgegangen. 2008 hatte etwa 11,6 Prozent der Schweizer Bevölkerung regelmässig an einem Gottesdienst teilgenommen, im Jahr 2022 jedoch nur noch 9,5 Prozent. (Die Studie hat für ein normales Wochenende in der Schweiz 690'000 Personen ermittelt, die an einem religiösen Ritual teilnehmen. Davon entfallen 261'510 (37,9%) auf katholische Gemeinden, 200’790 Personen (29,1%) gehen in einen freikirchlichen Gottesdienst, 96'600 Personen (14%) sind in reformierten Kirchen und 72'450 Personen (10,5%) in muslimischen Versammlungen.) «Wir sind insgesamt sehr glücklich, über die einerseits stabilen Zahlen und andererseits die positiven Entwicklungen in unseren Lokalkirchen», erklärt Peter Schneeberger, Präsident Dachverband Freikirchen.

Sieben positive Trends der Freikirchen

Die Studie hebt einige positive Aspekte hervor, die vor allem auch für die Freikirchen zutreffen:

1. Viele Kirchengründungen: Seit 2008 wurden in der Schweiz 241 neue lokale Freikirchen gegründet. Gleichzeitig sind aber auch 236 Gruppen verschwunden. Die Gesamtzahl der Gruppen ist also stabil geblieben und liegt mit 725 Gruppen 0,7 Prozent höher als 2008, wo es 720 Gruppen gab. Das betrifft sowohl die «evangelikal charismatischen» als auch «die evangelikal klassischen».

2. Stabile Zahl der Teilnehmenden: Die durchschnittliche Anzahl der regelmässig Teilnehmenden pro Gemeinschaft ist zwischen 2008 (141) und 2022 (140) praktisch unverändert geblieben. Im Vergleich dazu ist die Gesamtzahl der durchschnittlichen regelmässig Teilnehmenden in Freikirchen zwischen 2008 (169) und 2022 (161) relativ stabil geblieben.

3. Offenheit für die Führung durch Frauen: Der Anteil der Gruppen, die Frauen grundsätzlich erlauben, im Hauptgottesdienst zu predigen, stieg von 66 Prozent (2008) auf 77 Prozent (2022). Der Prozentsatz der Gruppen, die Frauen grundsätzlich erlauben, die Funktion der hauptamtlichen religiösen Leiterin zu übernehmen, stieg von 47 Prozent (2008) auf 54 Prozent (2022). Das Freikirchen Frauen fördern, zeigte eine Mitteilung von 2023. Sie belegte, dass es bei den Freikirchen schon 160 Jahre vor der Ordination von Pfarrerinnen die Ordination von Pastorinnen gab.

4. Jüngere Leitungspersonen und Teilnehmende: Zwischen 2008 und 2022 stieg das Durchschnittsalter der spirituellen Leitungspersonen um drei Jahre, von 50,8 auf 53,8 Jahre. Der Anteil der regelmässig Teilnehmenden im Alter von 60 Jahren oder älter ist von 41 Prozent 2008 auf 50 Prozent im Jahr 2022 gestiegen. Im Vergleich sind bei den Freikirchen die Leitungspersonen und auch Gemeindeteilnehmenden sehr viel jünger als der Durchschnitt (siehe Seite 3 unten).

5. Mehr Inklusion gegenüber homosexuellen Menschen: Die religiösen Gruppen in der Schweiz im Durchschnitt sind integrativer gegenüber homosexuellen Menschen geworden. Der Anstieg der Akzeptanz homosexueller Menschen zieht sich durch fast das gesamte religiöse Spektrum. Besonders deutlich ist die Veränderung in der katholischen, der konservativ-evangelikalen und der muslimischen Tradition. Peter Schneeberger dazu: «Bemerkenswert auch, dass die Grundtendenz dahin geht, dass sich für Homosexuelle in unseren Gemeinden eine Heimat geboten wurden. Das ist doch eher überraschend und zeigt, dass die Medien nur Einzelbeispiele hochkochen und keine fundierten Zahlen begutachten.»

6. Mehr karitative Arbeit in der Schweiz: Lokale religiöse Gruppen engagieren sich sowohl in nationalen als auch in internationalen Wohltätigkeitsorganisationen. Zwischen 2008 und 2022 ist der Anteil der karitative engagierten Gemeinschaften von 64 auf 68 Prozent gestiegen. Das bestätigt eine Studie3 zum gesellschaftlichen Engagement der Schweizer Freikirchen von 2021: Insgesamt unterstützen die 1000 evangelischen Freikirchen in der Schweiz rund 180’000 Personen. Hochgerechnet haben die Angestellten zusammen mit Freiwilligen den Staat im Sozialbereich um rund eine halbe Milliarde Franken pro Jahr entlastet.

7. Ein stärkeres Umweltbewusstsein: 2008 sammelten 6 Prozent der Gemeinden Unterschriften für ein politisches Anliegen für die Umwelt. Dieser Anteil steigt bis 2022 auf 15 Prozent. Von den Gemeinden im Jahr 2022 veranstalteten 41 Prozent eine religiöse Feier mit dem Schwerpunkt Umwelt, 61 Prozent stellten religiöse Argumente für die Umwelt in den Vordergrund und 80 Prozent ermutigten zu einem umweltfreundlichen Lebensstil.

Freikirchen.ch ist der Dachverband der Freikirchen und christlicher Gemeinschaften in der Schweiz. Er ist ein nationaler Kirchenverband mit 20 freikirchlichen Bewegungen aus der Deutschschweiz, zu denen über 750 örtliche Kirchen mit ihren diakonischen Werken gehören. Zusammen mit dem Réseau évangélique suisse (RES) vertreten die Freikirchen in der Schweiz rund 1000 Kirchen. Neben der Schweizer Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche Schweiz versteht sich der Dachverband Freikirchen.ch als dritte Kraft der christlichen Kirchen in der Schweiz und als Sprachrohr für die gemeinsamen Anliegen der Freikirchen.

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Datum: 28.11.2024
Autor: Markus Baumgartner
Quelle: Dachverband Freikirchen.ch

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