Die letzte «Seligpreisung»

Wenn der Glaube auf Widerstand stösst

Wer nach Gottes Willen lebt, wird Probleme bekommen. Aber gerade darum ist er «glücklich zu preisen». Das verstehe, wer will – oder?
Weltweit leiden 100 – 200 Millionen Christen unter Verfolgung oder Diskriminierung.

«Glücklich sind, die verfolgt werden, weil sie nach Gottes Willen leben, denn ihnen gehört Gottes neue Welt. Glücklich könnt ihr sein, wenn ihr verachtet, verfolgt und verleumdet werdet, weil ihr mir nachfolgt. Ja, freut euch und jubelt, denn im Himmel werdet ihr dafür reich belohnt werden! Genauso haben sie die Propheten früher auch verfolgt.» (Die Bibel, Matthäus-Evangelium Kapitel 5, Verse 10-12)

Diese letzte der «Seligpreisungen» ist vielleicht am schwersten zu verdauen. Jeden Tag lesen wir im Moment, dass Christen unterdrückt, verfolgt, entführt, vergewaltigt und getötet werden. Es hat noch nie eine Zeit gegeben, wo Christsein, weltweit gesehen, so gefährlich war – rund 100 Millionen Christen werden verfolgt. Verharmlost Jesus diese Schmerzen und den Einsatz dieser Märtyrer, wenn er sie glücklich preist? Heisst er vielleicht sogar Verfolgung und Unterdrückung von Christen gut? Und: Hat er nicht gerade im Vers vorher gesagt, dass Christen Friedensstifter sein sollen – hier aber scheint es, als wenn sie nur Unruhe stiften und Menschen aufregen? Wie muss man das verstehen?

Verfolgung: nicht gut, aber normal

Nun: Jesus sagt nicht, dass Verfolgung gut ist. Er rechtfertigt es nicht, dass seine Nachfolger unterdrückt werden. Darum dürfen und müssen wir auch, wo wir können, gegen die Unterdrückung von Christen Stellung nehmen.

Aber Jesus spricht direkt zu denen, die auf irgendeine Art für ihren Glauben leiden, und das ist zunächst mal ein grosser Trost. Gott hat diese Situation nicht vergessen, ausgeklammert, sondern er weiss Bescheid. Neben direkter Verfolgung gibt es ja tausend Arten, wie Nachfolger von Jesus benachteiligt, gemobbt, verlacht, geschnitten oder verachtet werden – auch bei uns im Westen. Jesus sagt ihnen einfach mal: «Ich stehe hinter euch. Ihr seid mir ganz nah. Ihr seid nicht gottverlassen; ihr müsst euch nicht schuldig fühlen, hinterfragen oder mit Vorwürfen quälen. Euer Leiden ist ein Zeichen, dass ihr auf der richtigen Seite seid.» 

Er hat es seinen Nachfolgern ausdrücklich angekündigt: «Das gleiche, was sie mit mir gemacht haben, kann und wird euch auch passieren» (siehe z.B. Matthäus-Evangelium, Kapitel 10, Verse 17-25). Man kann also wissen: Wenn ich für meinen Glauben Widerstand bekomme, ist das OK. Dass du Christ bist, führt nicht nur zu «Friede, Freude, Eierkuchen», sondern regt andere auch auf, da kannst du machen, was du willst. Viele Christen bekommen ein schlechtes Gewissen, wenn Menschen sie verlachen oder ausgrenzen oder offen angreifen. 

Christen müssen oft kein Wort sagen, können anständig und nett sein, aber Leute werden wütend über sie und meinen, «die wollen besser sein als wir». Es gehört zum Glauben dazu, dass man missverstanden wird, dass einem falsche Motive untergejubelt werden, dass die Presse einen durch den Dreck zieht und so weiter.

Nicht weil wir uns dumm benehmen

Wir müssen den Text genau lesen. Jesus schränkt den Grund, warum wir Widerstand erleben, deutlich ein:

  • Es bezieht sich auf Widerstand «um der Gerechtigkeit willen / um Christi willen». Christen sollen nicht wegen ihrer Steifheit, Taktlosigkeit, Engstirnigkeit oder Plumpheit verfolgt werden. Oder wegen ihrer aggressiven Bekehrungsversuche und ihres Fanatismus. Sondern rein um der Tatsache willen, dass sie zu Christus gehören und nach Gottes willen leben möchten.
  • «Wenn sie dabei lügen»: im Leben eines Christen darf es nichts geben, das berechtigte Kritik herausfordert. Wir leben im gläsernen Facebook-Zeitalter, und irgendwelche heimlichen Verhaltensweisen können schnell ans Licht kommen. Menschen hassen Heuchelei und sind sehr kritisch, wenn Christen «Wasser predigen und Wein trinken».

Wir dürfen also nicht persönliches Fehlverhalten oder gar Sünden mit diesem Text rechtfertigen.

Verfolgung: es war immer so

«Alle, die ernsthaft als Christen leben, werden Verfolgung leiden», sagte Paulus (Die Bibel, 2. Brief an Timotheus, Kapitel 3, Vers 12). Nein, Verfolgung ist nicht schön und auch nicht gut, aber sie ist uns vorausgesagt. Für die ersten Christen war das Evangelium eine Revolution. Um des Glaubens Willen waren sie oft bereit, ihre Arbeit zu verlieren oder ihr soziales und familiäres Leben zerstören zu lassen. 

In politischer Hinsicht brachte die Forderung, den Kaiser als den Höchsten zu verehren, sie in ein Dilemma. Viele wurden getötet, weil sie – subversiv und unbeirrbar – daran festhielten, dass Jesus der Höchste ist. Offenbar ist etwas am christlichen Glauben, das die Nachfolger von Jesus schnell in Probleme bringen kann.  Vergessen wir nicht: Christen stehen quer im Raum. Christen sind nie Mainstream. Wer immer und von allen geliebt sein will, sollte nicht Christus nachfolgen.

Warum ist das so?

Es gibt viele Gründe für Verfolgung, und die sind vordergründig regional und zeitlich sehr verschieden. Dahinter steckt aber immer wieder das gleiche Prinzip: Christen werden verfolgt, weil sie anders sind. Warum wurde Jesus schlussendlich getötet? Weil er anders war. Jesus und seine Nachfolger sind eine Kampfansage Gottes gegen ein System, das im Innersten feindlich gegen Gott ist. Die Bibel nennt dieses System «die Welt». Die Welt kann durchaus nett, sozial und religiös sein. Aber sie ist im Kern Feindschaft gegen Gott. Und jeder, der sich auf die Seite Gottes stellt, wird diese Feindschaft erleben.

Darum ist das Symbol des Christentums das Kreuz: die Welt tötet den Sohn Gottes, aber er überwindet sie durch hingebende Liebe. Christus ist ein Fremdkörper in der Welt, sie hat ihn aufs Kreuz gelegt und reibt sich bis heute an ihm. Letztlich steckt natürlich Satan, der ewige Zweite, der Widersacher Gottes – besiegt, aber in verzweifelter Wut immer noch aktiv – hinter diesem System. Diese Wut bekommen seine Nachfolger immer wieder zu spüren.

Freut euch und jubelt

Widerstand gegen den Glauben ist also ein Zeichen: ich bin auf der richtigen Seite. Ich gehöre zu dem, den die Welt zwar gekreuzigt hat, der sie aber eben dadurch überwunden hat und jetzt Herr der Zukunft ist. «Euer Lohn ist gross im Himmel» – Christsein mag jetzt bisweilen schmerzhaft sein, aber in Gottes neuer Welt werden wir merken, dass wir auf die richtige Karte gesetzt haben. Die jetzt weinen, werden zuletzt lachen – und die lachen bekanntlich am besten.

Datum: 01.07.2014
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Jesus.ch

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