Hartes Training, weiches Herz
Boxer werden, das war der grosse Kindheitstraum von Stephan Bernhard aus Bettlach. Den Segen seiner Mutter bekam er nicht, aber er gab seinen Traum nicht auf. Kaum war die Schulzeit beendet, begann Stephan mit dem Box-Training. Seine Leidenschaft für diesen Sport sollte bald jäh enden – zumindest vorläufig…
Unfall mit Folgen
Nur zwei Saisons lang hatte Bernhard seinen Traum leben können. Damals gerade mal 20 Jahre jung, erinnert er sich an die einschneidende Zeit: «Als Maurer im dritten Lehrjahr hatte ich einen schweren Arbeitsunfall. Dabei erlitt ich einen Schädelbruch und ein Schädel-Hirn-Trauma, schwebte einige Tage zwischen Leben und Tod.» In der Folge musste Stephan seinen Traumsport aufgeben. Das war hart für ihn, er haderte mehrere Jahre mit seinem Schicksal.
Trotz dieses brutalen Rückschlags lebte der Traum vom Boxen in Stephan weiter. Irgendwann begann er, die Situation zu akzeptieren und seine Möglichkeiten auszuloten. «So kam es, dass ich sehr jung Trainer wurde. Ich bildete mich nicht nur im Boxen ständig weiter, sondern auch im Bereich
Kraft / Athletik», erzählt Stephan. Dabei zeigte sich seine Begabung, das Potenzial in Menschen zu erkennen und sie zu fördern.
Die Berufung gefunden
Aus heutiger Sicht brauchte es die durch den Unfall erzwungene Wende, damit Stephan zur Rolle als Trainer fand. Darin erkannte er seine wahre Berufung, blühte auf und der Erfolg blieb nicht aus: Von 2000 bis 2006 trainierte er Dina Burger, die 2005 WMSilber gewann. Bis 2010 war Stephan zudem Trainer der Schweizer Nationalmannschaft und brachte sich in späteren Jahren als Chef Leistungssport und Prüfungsexperte Trainerbildung für Swissboxing ein.
Sport formt den Charakter
«Boxen im Speziellen und Sport im Allgemeinen reflektieren für mich das richtige Leben», erklärt Stephan und beschreibt dies mit «kämpfen, umfallen, wieder aufstehen, weiterkämpfen…». Wer im Sport längere Zeit hart und diszipliniert trainiere, der schule seinen Charakter und gewinne Kapital fürs Leben. «Durchhaltewillen, Biss und Fairness möchte ich hierbei betonen», sagt Stephan und fügt an: Jeder und jedem, die Menschen einstellen und führen, seien sportbegeisterte Anwärter und Anwärterinnen empfohlen. Wer im Sport durchbeissen kann, der gibt auch im Leben nicht so rasch auf!»
Im Tränenmeer
Glaube und Religion waren in Stephans Herkunftsfamilie kein Thema gewesen. «Ich hatte nie das Gefühl, einen Gott zu brauchen, es ging mir ja gut», kommentiert Stephan. Damals hatte er eine Freundin, die das anders sah. Stephan erzählt: «Als ich einmal in einer schwierigen Lebensphase steckte und meine Freundin um Rat fragte, hatte sie keine Antwort, aber begann von Jesus zu sprechen.» Tief in Stephans Innerem regte sich etwas. Sein verhärtetes Herz wurde weich und erwachte zu neuem Leben. Stephan über dieses unvergessliche Erleben: «Während Stunden konnte ich nicht mehr aufhören, zu weinen und bereute meinen selbstsüchtigen Lebenswandel zutiefst.» Von da an zählten für Stephan Gott und dessen Gedanken über seinem Leben, der Sport wurde zweitrangig.
Philosophie und Liebe
Nach dieser intensiven Gotteserfahrung reiste Stephan nach Kolumbien, um Philosophie zu studieren. In dieser Zeit lernte er seine heutige Frau kennen und wurde Vater. Sechs Jahre später kehrte Stephan mit seiner Familie zurück in die Schweiz. Die Zeit in Lateinamerika bezeichnet er als Training in Sachen Dankbarkeit.
Heute trainiert Stephan, der im Februar 2020 das eigene Unternehmen BEST TRAINING GmbH gründete, Athleten aus verschiedenen Sportarten im Leistungssport. Auch Einsteiger und Breitensportler mit unterschiedlichen Zielen betreten seine Trainingshalle in Grenchen, um im Sport und im Leben weiterzukommen.
Sport- und Menschenfreund
Ob Kunden oder seine Kinder: Menschen zu ermutigen und sie darin zu unterstützen, zu entdecken, was in ihnen steckt, dafür schlägt sein Herz. Auch wenn sein Kindheitstraum nicht in Erfüllung ging, sagt Stephan zurück- und vorwärtsblickend: «Ich habe viel mehr gefunden und erreicht, als ich mir je hätte erträumen können. Ein Leben ohne Jesus ist für mich unvorstellbar. Bei ihm finde ich Kraft und Halt, in guten und in herausfordernden Zeiten.»
Zur Person:
Meer oder Berge?
Berge
Käse oder Fleisch?
Beides. Mein Lieblingsessen ist Fondue, aber auch einer Bratwurst bin ich sehr zugetan.
Altbekanntes oder Neues?
Sowohl als auch. Neues ist auf den ersten Blick interessanter. Oft ist es aber einfach Altbekanntes (alter Wein) verpackt in neuen Schläuchen.
Glas eher halbvoll oder halbleer?
Halbvoll: Logisch! Als Unternehmer und Christ ist das Glas immer halbvoll.
Heimlich altern oder riesige Geburtstagsparty?
Heimlich altern. Partys überlasse ich anderen
Datum: 23.05.2023
Autor:
Markus Richner-Mai
Quelle:
HOPE-Regiozeitungen