«… aber es ist immerhin ein Tropfen!»
Damaris Kunz, was sind Ihre
Haupttätigkeiten im Jemen?
Damaris Kunz:
Ich bin Projektmanagerin eines Gesundheits- und Ernährungsprojekts im Jemen und
unterstütze und betreue fünf lokale Gesundheitseinrichtungen, welche die
medizinische Grundversorgung der Bevölkerung gewährleisten. In unseren Kliniken
behandeln wir Durchfall, Lungenentzündungen, Malaria, Hauterkrankungen, führen
Impfungen und Vorsorgeuntersuchungen für Schwangere durch und betreiben ein
Ernährungsprogramm für unterernährte Kinder und Schwangere.
Wie hat sich das Leben im Jemen im
laufenden Jahr verändert?
Bei Ausbruch der Corona-Pandemie
erlebten wir sehr grosse Einschränkungen sowohl im Jemen allgemein als auch in unserer
Arbeit. So konnten wir aufgrund des Infektionsrisikos viel weniger Menschen als
gewöhnlich in unseren Gesundheitseinrichtungen empfangen. Ebenso mussten
Schulungen abgesagt werden. Am Ende der ersten Infektionswelle wurden die
Einschränkungen gelockert, wobei die üblichen Abstandsregeln immer noch gelten
und eingehalten werden müssen.
Können Sie ein, zwei
Lebensgeschichten mit uns teilen, bei denen Menschen durch Ihre Arbeit
verändert worden sind?
Wir errichteten einen
Ambulanzservice, um medizinische Notfälle in geeignete Gesundheitseinrichtungen
überweisen zu können. Am selben Tag, als der Service startbereit war, mussten
gleich zwei Patientinnen notfallmässig in ein grösseres Krankenhaus verlegt
werden. Eine Patientin litt an einer lebensbedrohlichen Infektion und konnte
noch am gleichen Tag operiert werden. Nach der Entlassung der Patientin
erfuhren wir, dass es sich bei ihr um eine Mitarbeiterin einer von uns
unterstützten Gesundheitseinrichtung handelte. Dank dieses Ambulanzservices
hatte sie überlebt und konnte nach ihrer Genesung wieder an ihren Arbeitsplatz
zurückkehren. Bei der anderen Patientin handelte es sich um eine schwangere Frau
in den Wehen, die im Krankenhaus unter fachkundiger Betreuung ein gesundes
Mädchen auf die Welt bringen konnte.
Was bewegt Sie persönlich bei Ihrer
Arbeit besonders?
Es ist mein Herzensanliegen, Menschen
zu helfen. Bei all den grossen Nöten im Jemen fühlt sich meine Arbeit zwar oft
wie ein kleiner Tropfen auf dem heissen Stein an, aber immerhin ist es ein
Tropfen. Mein Ziel ist es, einheimische Mitarbeitende soweit zu schulen und
weiterzubilden, dass sie diese Arbeit ohne unsere Unterstützung, ohne Hilfe von
aussen, tun können. Dazu überlege ich mir ständig geeignete Mittel und Wege.
Gibt es neue Projekte, die bei Ihnen
anstehen?
Wir planen eine Expansion unserer
Arbeit, so möchten wir unser bestehendes Projekt um ein Krankenhaus erweitern.
Unsere Unterstützung würde in der Durchführung von Weiterbildungen, der
Versorgung des Krankenhauses mit Medikamenten und medizinischem Gerät sowie in
der Supervision bestehen. Zudem würde Medair die Gehälter der Angestellten
übernehmen.
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Datum: 27.12.2020
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet