Gott, Fredy und der Flamingo
Nachdem Pfarrer Fredy Staub (58) in seinen Jugendjahren bei einem schweren Autounfall schon einmal fast ums Leben kam*, war er vor kurzem dem Tod wieder nahe. Wegen einem Loch in der Hirnhaut kam er in die Notaufnahme, fand sich im Reanimationsraum wieder und erlebte den Operationsbeginn ohne wirksame Betäubung.
«Wie in einem kalten Schlachthof bin ich mir im Reanimationsraum vorgekommen. Ich fragte mich, wie viele Menschen hier schon starben», blickt Fredy Staub zurück. «Dass jetzt mein Leben auf dieser Welt doch schon vorbei sein sollte, das fand ich nicht lustig. Doch unsichtbar aber ganz real war einer da, der mich trug und mir Geborgenheit gab.»
Der Flamingo
Im Zimmer, in dem er mit einem Dutzend Kabeln und sieben Schläuchen an Monitoren und ans Bett gefesselt war, hing an der Wand das Bild eines Flamingos. Staub: «Mit seinem Schnabel kann er optimal herausfiltern, was für ihn gut und essbar ist.» Ähnliches spiele sich mit den vielen Gedanken ab, die in solchen Momenten in uns hoch kämen. Da gelte es zu filtern. «Ich habe in dieser schweren und menschlich nahezu hoffnungslosen Zeit meine Gedanken mit Zitaten aus der Bibel genährt. Das hat mir enorm Kraft gegeben und hoffnungsvolle Perspektiven eröffnet. Ich sah, dass Gott einen guten Weg mit mir hat.»
Dies gelte für jeden Menschen. «Geht es nicht grundsätzlich bei jedem um die Frage, was ihn trägt und erfüllt – über alltägliches Leben und trostloses Sterben hinaus? Ich wünsche niemandem eine solche Krise, wie ich sie erlebt habe. Aber ich wünsche jedem Menschen einen neuen Zugang zu dem, der tiefer, gleichzeitig auch höher, vor allem aber umfassender ist als alles, was wir je verstehen können.»
Auf einem Bein stehen
Auch Flamingos sind Überlebenskünstler, sagt Fredy Staub: «Wir können Wesentliches von ihnen lernen. Zum Beispiel schläft der Flamingo seelenruhig auf einem Bein stehend. Mach es ihm nach – und du wirst rasch zum Lachen kommen. Lachen – auch über dich selber – das tut gut. Besser noch: Überleg dir, was dein „Bein“ ist, das dich trägt, selbst wenn du schläfst.» Der Flamingo, der auf einem Bein stehend schläft, werfe auch die Frage auf, was einem zum Kippen bringt, wenn man müde ist und nicht weiter weiss.
Das Buch «Der Überlebenskünstler» sei ein hilfreiches Werkzeug, um den tieferen Sinn des Lebens erst recht aufzuspüren und Krisen mit himmlischem Know-how zu meistern.
Loslassen und formieren
In seinem Buch rät Staub auch zum Loslassen von bisher Geglaubtem, das der Realität des Lebens doch nicht standhält. «Schauen Sie Ihre Hände an: Erst wenn Sie die Hände öffnen, können sie etwas Neues und hoffentlich auch Beständigeres ergreifen.»
Und noch etwas habe er von den Flamingos gelernt: «Wenn sie fliegen, dann meist im Schwarm und in einer V-Formation. Durch diese Flugweise können sie enorm Kraft sparen.»
Dies gelte auch für den Menschen. «Wenn wir „es“ nicht schaffen, ziehen wir uns zurück. Ich ermutige, aus der Vereinsamung auszubrechen. Gemeinsam lassen sich Krisen einfacher bewältigen.» Gleichzeitig empfiehlt Staub, sich frisch auf die Suche zu machen nach dem, was Gott Gutes für einem bereit habe: «Es geht darum, einen fatalen Fehler unter allen Umständen zu vermeiden, nämlich das nicht anzunehmen, was Gott für uns bereit hat.»
Wieder gesund und munter
Heute ist Fredy Staub wieder gesund und munter. Einst war Staub VR-Präsident einer mittelgrossen Firma in der Elektronikbranche, die 150 Angestellte zählte, später liess er sich an der Uni Bern zum Theologen ausbilden, war Dorfpfarrer und arbeitet heute als freischaffender Event-Pfarrer mit jährlich rund siebzig Events in der deutschsprachigen Schweiz. Die Gesamtauflage seiner Bücher erreicht mittlerweile die 95.000er-Marke.
* festgehalten im Buch «Die atemberaubende Fahrt – Mein Crash war meine Chance». Einige Leitsätze daraus:
- Nutze die Katastrophe, um Wesentliches auszubrüten, such dir in der Sinnlosigkeit deine inspirierende Nische.
- Gib die Hoffnung auf ein gutes Team nie auf, mach regen Gebrauch von deiner Stärke, erfinde die Liebe neu!
- Entdecke deine Triebkräfte, lebe deine Freiheit aus!
- Die «Unmöglichkeiten» betonen, in die wir verwickelt sind, kann zur Ausrede werden. Mit Gott Lösungen entdecken und umsetzen gehört zu den Schönheiten unseres Lebens.
Datum: 22.12.2010
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch