Wehrübung mit Bibel

Sarajevo. „Hier wird keiner zwangsgetauft.“ Die Begrüssungsworte von Pastor Klaus-Dieter Zunke schaffen sofort eine lockere Atmosphäre bei den Sanitätssoldaten im deutschen Feldlazarett in Rajlovac bei Sarajevo. Es ist Samstag vormittag. Zunke, ehemaliger Militärpfarrer, der die 1987 gegründete Arbeitsgemeinschaft Soldatenseelsorge (ags) leitet, präsentiert den Gästen ein Buch: die Bibel. Das geschieht nicht in einem ermüdenden Vortrag, sondern in einer flotten Multimediaschau, deren Tempo, Witz und Tiefgang die Versammlung immer wieder zum Staunen bringt. „WAS! für ein Buch“ heisst die Schau, mit der Zunke und sein Team die Truppe in Deutschland und bei Auslandseinsätzen besucht und über die Heilige Schrift informiert.

„Wer wird Biblionär?“

Als Einstieg wird mit den Besuchern „Wer wird Biblionär?“ gespielt, ein von TV-Sendungen abgekupfertes Quiz rund um das Buch der Bücher. Die Teilnehmer lachen, wenn sie auf der Leinwand als Antwortmöglichkeit auf die Frage nach einem der Zehn Gebote das Gebot „Du sollst nicht rauchen“ lesen. Doch offenbart das Quiz auch erschütternde Lücken im religiösen Wissen der jungen Soldaten. Die einen können nur vermuten, wer die Bergpredigt gehalten hat; andere wissen nicht einmal, dass sich die internationale Zeitrechnung auf die Geburt von Jesus Christus bezieht.

Provozierende Bilder

Weitere Module des Multimediaschau sind Informationsfilme über Entstehung und Botschaft von Altem wie Neuem Testament, provozierende Gegenüberstellungen von den Seligpreisungen der Bergpredigt mit Bildern vom 11. September sowie eine Folge pfiffiger Zeichnungen, die das Gleichnis vom verlorenen Sohn in die Gegenwart übertragen. Die Schau ist aufgebaut wie eine Internetseite. Das heisst: Klaus-Dieter Zunke kann sich die Module auswählen, die zum jeweiligen Publikum am besten passen – beispielsweise für junge Leute schrille, poppige Elemente, die er bei älteren lieber weglässt.

In seinem Einsatz geniesst Zunke starke Unterstützung der Bundeswehr. Sein Team setzt sich bei diesem Einsatz in Bosnien aus vier Soldaten zusammen. Drei sind eigens zu diesem Zweck zu einer Wehrübung einberufen worden, ein noch aktiver Soldat wurde abkommandiert. Mit dabei ist Christian Sell, Oberfeldwebel der Reserve und zweiter hauptamtlicher ags-Mitarbeiter. Er zeichnet für die Technik verantwortlich, bringt auf dem Computer parallel zu Zunkes Moderation die richtigen Module der Multimediaschau zum Laufen. Am Ende der Veranstaltung wird eine aus Spenden finanzierte Sonderausgabe des Neuen Testaments verschenkt, die zusätzlich Geschichten und Lebenszeugnisse rund ums Militär enthält. Das Angebot, über die Inhalte der Bibel ins Gespräch zu kommen, nehmen einzelne Teilnehmer gerne an.

Wenn Soldaten um die Taufe bitten

Die ags ist eine eigenständige Organisation, die zur Deutschen Evangelischen Allianz gehört und eng mit der Militärseelsorge zusammenarbeitet. Pastor Zunke und seine Leute bieten nie auf eigene Faust Veranstaltungen bei der Truppe an, sondern nur auf Einladung von Militärpfarrern. Die evangelische Militärseelsorge steuert in diesem und im kommenden Jahr jeweils mehr als 50 000 Euro zum Jahresetat der ags bei.

Wie es 2004, wenn Klaus-Dieter Zunke in den Ruhestand geht, weiterlaufen wird, weiss im Moment niemand. Dass die Arbeit ihren Zweck erfüllt, beweisen die Reaktionen der Teilnehmer an der Multimediaschau. Die Kommentare zur Gestaltung sind ausnahmslos positiv. Zum Inhalt gibt es bisweilen kontroverse Ansichten. Das ist beabsichtigt, denn dadurch kommen interessante Gespräche über den Glauben in Gang. „Zwangstaufen“ erleben die Zuschauer tatsächlich nicht. Aber die Auseinandersetzung mit der Botschaft der Bibel führt gerade bei Auslandseinsätzen immer wieder dazu, dass Soldaten ins Nachdenken kommen und schliesslich von sich aus um die Taufe bitten.

Datum: 07.04.2002
Quelle: idea Deutschland

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