Staunen über Gott

20.00 Uhr: Nachrichten-Zeit in Deutschland. Millionen Menschen sitzen vor dem Fernseher und lassen sich eine Viertelstunde lang das Neueste aus aller Welt präsentieren. Um 20.15 Uhr ist der Spuk zu Ende. Zum Glück geht das Programm gleich weiter, denn sonst würden sicher viele Zuschauer ins Grübeln kommen und sich fragen: Gibt es eigentlich einen Gott? Wenn ja, wie kann er nur das ganze Elend in der Welt zulassen?

Der Apostel Paulus hat vor zweitausend Jahren sicher nur wenig Fernsehen geschaut. Aber zu seiner Zeit und in dem politischen System seiner Tage hat er die Not vieler Menschen bestimmt handgreiflich miterlebt. Ein Menschenleben war damals nicht viel wert. Männer wurden in prestigeträchtige Feldzüge geschickt, für manche "Ordnungswidrigkeiten" gab es drakonische Strafen, ganz zu schweigen vom erbärmlichen Alltag mancher Sklaven und kranker Menschen.

Paulus muss die Not der Menschen wirklich vor Augen gehabt haben und war ja auch selber mehr als einmal in Todesgefahr. Trotzdem - oder gerade deshalb - schreibt er in seinem Brief an die Gemeinde in Rom über Gottes Handeln: "O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege!" Paulus staunt über das unerklärliche Handeln Gottes. Über Gottes Weisheit und Erkenntnis, aber auch über seine Gerichte, die auf uns Menschen manchmal wie Strafaktionen wirken mögen.

Dieses Staunen über Gottes Entscheidungen und Pläne gehört zum Christsein dazu. Der Kirchenvater Augustinus (er lebte im vierten Jahrhundert) hatte einmal folgenden Traum: Er ging am Ufer des Meeres entlang und entdeckte einen kleinen Jungen, der mit einer leeren Muschel Wasser aus dem Meer schöpfte. "Was machst du denn da?" fragte Augustinus den Jungen. "Ich will das Meer ausschöpfen", so die neunmalkluge Antwort. Augustinus musste lachen. "Das wird dir nie gelingen", sagte er. "Da hast du dir etwas Unmögliches vorgenommen."

Das Ganze war, wie gesagt, ein Traum. Und in diesem Traum sagt der Junge daraufhin etwas Ungewöhnliches zu dem berühmten Kirchenlehrer. Er antwortet ihm: "Und du willst mit deiner menschlichen Vernunft, mit der Schale deines Gehirns, das Geheimnis der göttlichen Dreieinigkeit ergründen?"

Augustinus hat seine Lektion gelernt. Der Apostel Paulus auch. Ich denke, auch mir steht es nicht schlecht an, über Gottes Entscheidungen und Pläne zu staunen. Nicht alles muss ich mit meinem Verstand erfassen und begreifen. Im Grunde reicht es, wenn ich begreife, dass Gott mich liebt.

Datum: 30.03.2003
Autor: Kai-Uwe Woytschak
Quelle: ERF Deutschland

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