Ganz anders ist die Situation, die im Alten Testament im Buch des Propheten Jesaja wiedergegeben wird. Und doch gibt es gewisse Ähnlichkeiten. Gott spricht zum Volk Israel: "Ihr seid meine Zeugen!" Nun liegt Gott nicht etwa verletzt in einem Krankenhausbett und wartet darauf, dass jemand für ihn als Zeuge auftritt. Nein, es steht ja sogar fest, wer die Zeugen sind, nämlich die gläubigen Israeliten. Aber ob sie tatsächlich für Gott und seine großen Taten Zeugnis ablegen werden, das ist fraglich. Wenn sie sich mit anderen Völkern vergleichen, denen es viel besser geht, die viel größer sind und viel reicher - werden sie dann nicht womöglich Minderwertigkeitskomplexe bekommen? Vielleicht werden sie Gott verschweigen, weil sich andere Völker damit brüsten, unabhängig und frei von allem religiösen Ballast zu sein. Oder sie werden versuchen, Gottes Führung und sogar manche Wunder als Zufälle oder seltene Natur-Ereignisse zu deuten. Sie merken schon: Einen Zeugen zu kennen bedeutet noch lange nicht, dass dieser Zeuge auch als Zeuge auftritt. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass Gott sich freiwillig von solchen Zeugen abhängig macht, obwohl er doch garantiert nicht hilflos im Krankenhaus liegt. Trotzdem fordert er ausgerechnet die Israeliten, die ihn schon so oft enttäuscht haben, zum Zeugendienst auf. Sie sollen anderen Völkern gegenüber bezeugen, dass es außer ihm keine anderen Götter gibt. Sie sollen davon erzählen, wie er sich auf liebevolle Weise um sie gekümmert hat. Wie er zu ihnen gehalten hat, obwohl sie sich gegen ihn aufgelehnt haben. Gott geht das Risiko ein, dass seine Zeugen schweigen. Er geht das Risiko ein, dass sie ihn vor aller Welt blamieren. Dass manche Menschen über Gott lachen, weil sich "Gottes Bodenpersonal" danebenbenimmt. Gott spricht: "Ihr seid meine Zeugen!" Diese Verpflichtung ist durch die Jahrhunderte gleich geblieben. Sie gilt heute nicht nur für das jüdische Volk, sondern auch für jeden einzelnen Christen.
Datum: 04.05.2003
Autor: Kai-Uwe Woytschak
Quelle: ERF Deutschland