Kommentar: Euro08 - Frei nach Matthäus

Welches Bild vom ersten Spieltag wird länger haften bleiben: die Alphörner von der Eröffnungsfeier oder der weinende Alex Frei? Wahrscheinlich Letzteres. Doch manchmal wird Weinen in Lachen verwandelt.
Alex Frei, hier in einem EM-Vorbereitungsspiel gegen Brasilien (Foto: Reto Stauffer).

Zwei Betreuer führen den Kapitän der Schweizer Nationalmannschaft vom Platz. Noch in der ersten Halbzeit war er so unglücklich gestürzt, dass er sich einen Bänderriss im Knie zuzog. Was dann über sein Gesicht lief, das waren keine Tränen der Schmerzes, sondern Tränen der Trauer.

Geteiltes Leid, halbes Leid?

Die Europa-Meisterschaft ist für den Meisterstürmer vorbei. "Schweiz verlor alles - Auftaktspiel und Star", schrieb die österreichische "Kronenzeitung" am Tag danach. Einen Schritt vom Alphorn zum Albtraum stellt die "Bild"-Zeitung fest, und auch andere deutsche Blätter bedauern nun die "Leidgenossen". "Die ganze Schweiz weint mit Frei", versuchte die "Sonntags-Zeitung" am 8. Juni zu trösten.

Für Alex Frei selber ist dieses frühes Ausscheiden besonders bitter, war er doch erst vor wenigen Wochen wieder in den Sport zurückgekehrt. Eine Hüftoperation im Mai 2007 und zwei Muskelfaserrisse wenige Monate danach hatten ihn sehr lange ausser Gefecht gesetzt. - Und jetzt das!

Im Fussball sei es viel leichter, nach oben zu kommen als oben zu bleiben. Diese Aussage des Stürmers ist noch keine vier Wochen alt. Seine Wahrheit hat ihren Sprecher eingeholt.

Der Trainer sagt ja

Aber: "Alex bleibt eine absolute Leaderfigur in unserem Team und ist auch als Motivator wichtig", gab Trainer Köbi Kuhn schon gestern Sonntag zu Protokoll. Er bleibe bei der Mannschaft. - Zählt also doch mehr als die reine Präsenz auf dem Rasen? Gibt es ein Jenseits-der-Leistung? Anscheinend ja.

Einsatz und persönliche Hingabe haben Frei zur Nummer 1 des Schweizer Fussballs gemacht. In 59 Länderspielen erzielte er 35 Tore für sein Land; vor vier Jahren war er Torschützenkönig in Frankreichs höchster Liga. Jetzt stellt sich sein Trainer hinter ihn, und durch die ganze Mannschaft könnte der Ruck eines "Jetzt erst recht!" ("Sonntags-Blick") gehen.

Vor Gott und im Fussball sind alle Menschen gleich

Und wenn die Schweiz die Vorrunde übersteht und am Ende gar Europameister wird? Das wäre dann wahrhaft historisch. Und Frei? Ginge der dann leer aus, weil er die meiste Zeit nur zugeschaut hätte? Weit gefehlt. Auf gut biblische Weise bekäme auch er seinen Anteil: eine satte halbe Million Franken allein für den Sieg in der Endrunde; keinen Rappen weniger als ein Kollege auf dem Rasen, auch wenn der alle 540 Minuten des Gesamt-Derbys auf dem Feld gestanden hätte.

"Gut biblisch"? Ja. In einer Erzählung schildert Jesus einen Unternehmer. Im Verlauf des Tages schickt der verschiedene Arbeiter auf seinen Weinberg. Der Lohn steht schon bei den ersten fest. Doch gross ist das Erstaunen, als die merken, dass tatsächlich alle den gleichen Lohn erhalten, egal, ob einer den ganzen Tag geschuftet hatte oder nur eine Stunde.

Ungerecht? Nein, wieso? Die ersten hatten den Bedingungen zugestimmt, und alles andere ist im Ermessen des Chefs. Jeder wird gleich behandelt. Sagt Jesus. Und der Schweizer Fussballverband stimmt ihm zu.

Auf ewig im Team

Was Jesus damit sagen wollte ist klar: Es zählen Einsatz und Hingabe. Die effektive Leistung kann durchaus verschieden sein. Gott will das Ja des Menschen vernehmen, die eigene und ganze Zustimmung zu einem Dienst und Leben für ihn. Umso schöner natürlich für den einzelnen, wenn er möglichst lange hier auf dem Rasen sein darf. Aber der Lohn danach lässt sich nicht stückeln. Von Ewigkeit gibt es keine Bruchteile. Ganz oder gar nicht.

Wenn aber ganz, dann gilt: Einmal in der Mannschaft, immer in der Mannschaft! Der Trainer hat's zugesagt.

* Matthäus-Evangelium, Kapitel 20, Verse 1-16

Weiterführende Links:
Euro08-Dossier von Livenet & Jesus.ch
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Datum: 09.06.2008
Quelle: Livenet.ch

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