Lebensschutz-Initiativen im Endspurt
Ein Komitee aus verschiedenen politischen Vertretern lancierte am 21. Dezember 2021 zwei Volksinitiativen für einen wirksameren Lebensschutz. Wie auf der Komitee-Webseite zu lesen ist, will die erste Initiative vor jeder Abtreibung einen Tag Bedenkzeit einführen. Die zweite Initiative richtet sich gegen die schockierende Praxis der Spätabtreibungen.
Obwohl die Anliegen der Initiativen moderat sind, lösten sie bei vielen Abtreibungslobbyisten und in verschiedenen Medien einen Aufschrei aus. Durch Vergleiche mit Entwicklungen in der USA wurde der Eindruck erweckt, bei einer Annahme der Initiativen würde Abtreibung in der Schweiz generell verboten. Davon ist in beiden Initiativen jedoch nicht die Rede.
Schlaf nochmal darüber!
Die «Einmal-darüber-schlafen-Initiative» fordert eine 24-stündige Bedenkzeit vor einer Abtreibung. Bei jedem wichtigen Entscheid im Leben macht es Sinn, einmal darüber zu schlafen. Wieviel mehr trifft dies bei einer Entscheidung über Leben und Tod des eigenen Kindes zu. Eine staatlich verordnete Bedenkzeit von einem Tag schützt Frauen davor, unter Druck oder im Affekt eine Entscheidung zu fällen, die sie später bereuen. Hinzu kommt, dass Frauen ihr Recht nutzen, den vom Arzt beim Beratungsgespräch obligatorisch abzugebenden Leitfaden zu Hilfsstellen zu gebrauchen und bei diesen um Hilfe nachzufragen.
Bereits 18 Länder Europas kennen eine solche Bedenkzeit, die oft sogar deutlich länger als die in der Schweiz geforderten 24 Stunden ist: In Deutschland sind es mindestens drei, in Italien sieben Nächte, in der Frauen ihren Entscheid nochmals überschlafen und überdenken können. Würde in der Schweiz eine Nacht Bedenkzeit eingeführt, könnten schätzungsweise 10 Prozent aller Schwangerschaftsabbrüche, also mehr als 1'000 Abtreibungen, vermieden werden.
Lebensfähige Babys leben lassen
Fortschritte in der Neonatologie ermöglichen es, dass Frühgeburten bereits ab der 22. Schwangerschaftswoche gerettet werden können und gesund überleben, sofern sie angemessene intensivmedizinische Pflege erhalten. Doch während einerseits Eltern und Ärzte um das Überleben vieler Frühchen kämpfen und die Kinder dank dieser medizinischen Fortschritte auch gesund zur Welt kommen, werden zugleich Kinder in genau diesen späteren Schwangerschaftswochen und sogar bis kurz vor der Geburt in der Schweiz abgetrieben – zum Beispiel, wenn Eltern ihr Kind aufgrund einer körperlichen Beeinträchtigung nicht wollen. Eine solche Situation stellt nicht nur für Familienmitglieder, sondern auch für das Spitalpersonal eine massive, psychische Belastung dar.
Die Initiative «Lebensfähige Babys retten» setzt dieser erbarmungslosen Praxis der Spätabtreibungen klare Grenzen. Ungeborenen Mädchen und Jungen soll zum Zeitpunkt, in dem sie ausserhalb des Mutterleibes überleben und atmen könnten, dasselbe absolute Recht auf Leben zugestanden werden, wie es Frühgeborene haben. Eine Spätabtreibung wäre nur noch möglich, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Rund 100 Babys pro Jahr könnten so gerettet werden.
Lebensrecht soll wieder breit diskutiert werden
In den vergangenen Jahren wurden bereits mehrere politische Vorstösse zum Thema Abtreibung eingereicht, zum Beispiel von den SVP-Nationalräten Erich von Siebenthal und Yvette Estermann. Beide Politiker sind auch in mindestens einer der beiden aktuellen Initiativen im Komitee vertreten. Sie erhoffen sich – wie viele andere –, dass die Initiativen dem Thema Lebensrecht wieder zu einer breiteren Diskussion verhelfen. Die Möglichkeit, diese Anliegen mittels Volksinitiativen zu vertreten, ist auf jeden Fall eine Chance dafür. Bleibt zu hoffen, dass die kurze Zeit, die bis zum Sammelschluss bleibt, noch entsprechend genutzt wird.
Zu den Initiativen und Unterschriftensammlungen:
«Einmal-darüber-schlafen-Initiative»
«Lebensfähige-Babys-retten-Initiative»
Zum Thema:
Leihmutterschaft: Der käufliche Bauch
Initiative abgelehnt: Abtreibung: Keine Frage der Gesundheit
Abtreibungs-Mahnwachen: Lebensschutz aus den Augen, aus dem Sinn
Datum: 01.06.2023
Autor:
Regula Lehmann / Beatrice Gall
Quelle:
Zukunft CH