Von der Fastnacht zur Fastenzeit
Nachdem an Fastnacht nochmals richtig auf den Putz gehauen wird, geht es in die Fastenzeit weiter. Das Blaue Kreuz hat sich dieses Jahr dem Thema «Digital Detox» gewidmet und rückt das digitale Entgiften in den Fokus. Denn zu viel Bildschirmzeit wirke sich auf Gesundheit, Wohlbefinden wie auch auf Leistung und soziale Interaktionen aus. Sie zu reduzieren, könne helfen, Stress oder gar depressive Symptome zu reduzieren, wie eine Zusammenfassung von 21 Studien zu diesem Thema besagt.
Das «time:out» fordert dazu auf, diese zu reflektieren und durch eine gezielte Reduktion eine neue Alltagsgeschichte zu schreiben. Digital Detox habe zudem vielversprechende Effekte auf den Konsum, meldet das Blaue Kreuz.
Im Interview mit Livenet erklärt Ruedi Löffel vom Blauen Kreuz die Aspekte von Alkohol-Alternativen, Fasten-Zeiten mit entgiftendem Verzicht und die christliche Haltung dahinter.
«Keine hoffnungslosen Fälle»
Zum christlichen Background der seit bald 150 Jahren etablierten Organisation sagt Ruedi Löffel: «Ein Grundsatz beim Blauen Kreuz lautet: ‘Bei uns gibt es keine hoffnungslosen Fälle.’ Für mich bringt dies die christliche Grundhaltung unserer Arbeit sehr gut auf den Punkt. Daraus wird klar, dass jeder Mensch wertvoll ist – auch dann, wenn vieles im Leben schiefgelaufen ist. In der Prävention und Gesundheitsförderung wollen wir mit unseren Angeboten dazu beitragen, dass jeder Mensch ein eigenverantwortliches Leben führen kann, möglichst ohne Abhängigkeiten.» Livenet war in direktem Austausch mit dem Bereichsleiter Prävention und Gesundheitsförderung Bern-Solothurn-Freiburg.
Inwiefern sind Feiertage, jetzt die Fastnacht, speziell für das Blaue Kreuz?
Ruedi Löffel: Die Feiertage fordern vor allem die Menschen besonders heraus, die vom Blauen Kreuz begleitet und unterstützt werden. Und der Jahreswechsel ist für viele Menschen Anlass zum Rückblick, zum Bilanzziehen, wo gefühltes Versagen, Fehler oder auch Ungerechtigkeiten deutlicher bewusst werden. Da bekanntlich über Feiertage auch viel Alkohol fliesst, sind ehemalige Süchtige in solchen Momenten besonders gefährdet, in alte Muster zu verfallen.
Das Blaue Kreuz steht für Verzicht auf Alkohol; werden Sie nicht manchmal als Spielverderber angesehen?
Das Blaue Kreuz setzt sich für einen verantwortungsvollen Konsum von Alkohol und gegen den Missbrauch dieser legalen Droge ein. Namentlich Menschen mit riskantem Alkoholkonsum – davon gibt es in der Schweiz rund 900'000 – fühlen sich manchmal durch unsere Verlautbarungen und Aktivitäten in Frage gestellt oder gar angegriffen. Die grosse Mehrheit der Bevölkerung unterstützt aber unser Engagement für den Jugendschutz und ist froh um unsere Präventions-, Beratungs- und Integrationsangebote.
Ihre Angebote erstrecken sich über die ganze Schweiz, ja sogar weltweit. Wie sehen diese beispielsweise in der Region Bern, Solothurn aus?
Das Blaue Kreuz BE-SO-FR betreibt in Bern, Biel, Thun und Langenthal Beratungsstellen für Alkoholkranke und ihre Angehörigen. In Bern, Biel und Thun führen wir zudem alkoholfreie Treffpunkte und bieten suchtspezifische Arbeitsintegration an.
Haben Sie Tipps für gesellige Festtage? Und welches sind Ihre Alternativen zum Alkoholkonsum und Anstossen mit Alkohol?
Mit der alkoholfreien Blue Cocktail Bar bieten wir seit bald 30 Jahren eine attraktive Alternative zum Anstossen ohne Alkohol. Die Bar kann samt Personal gemietet werden für Apéros, Firmenanlässe und Events jeglicher Art. In Bern sind wir mit der Bar beispielsweise an der Fastnacht oder an grossen Barfestivals im Einsatz. Wir führen eine vielfältige Rezeptdatenbank. In den Köpfen vieler Menschen in unseren Breitengraden ist leider die Idee immer noch fest verankert, dass ein Fest ohne Alkohol kein wirkliches Fest sei. Erfreulicherweise zeigen die Erfahrungen mit der Blue Cocktail Bar, dass diese Vorstellung überholt ist und dass attraktive Angebote ohne Alkohol fast überall sehr positiv aufgenommen werden.
Stimmt der Eindruck, dass Alkoholverzicht und Alternativen gesellschaftlich akzeptierter sind als auch schon?
Der Markt mit alkoholfreien Bieren ist konstant am Wachsen. Auch alkoholfreie Weine und Spirituosen werden zunehmend bekannter und akzeptierter. Sehr im Trend ist der «Dry January». Auch das «time:out» (ehemals «Lohnender Verzicht») in der Passionszeit erfreut sich seit vielen Jahren grosser Beliebtheit.
Was ist Ihr heisser Tipp, dass ein solches Time-Out alltagsverändernd wird und nicht nur eine augenblickliche Seifenblase?
Man muss es einfach tun! Wer einen bewussten Konsumverzicht wagt – zum Beispiel kein Facebook oder Kaffee oder Gratiszeitungen – wird unweigerlich Erfahrungen sammeln, die sich auf den zukünftigen Alltag auswirken: Entweder die Motivation, weiter an seiner Selbstdisziplin und seinem Zeitmanagement zu arbeiten oder die Freude über die neu gewonnene Freiheit. Trauen Sie sich und lassen Sie sich überraschen!
Zur Website:
Blaues Kreuz Schweiz
Digital Detox
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Datum: 15.02.2024
Autor:
Roland Streit
Quelle:
Livenet