Dieser Trend kommt jungen, spritzigen und lauten Trendkirchen zugute. Die Zürcher Medien, die sonst mit Vorliebe alle möglichen gottlosen Verästelungen der Jugendkultur beleuchten, tasten sich ans ungewohnte Thema heran. Nachdem der ‚Blick’ sich über die ‚Bibelgruppe MusicStar’ gewundert hat, doppelt die ‚Sonntagszeitung’ mit einem lesenswerten Artikel nach. „Jugendliche wollen auch in der Kirche Fun und wenden sich den Freikirchen zu“, schreiben Patrik Müller und Marco Morell, doch auch „die Landeskirchen reagieren“. Keine Schweizer Kirche hat in den letzten Jahren derart Furore gemacht wie die International Christian Fellowship (ICF). In Zürich sind auch Prominente der Jugendkultur dabei. Die ICF-Muttergemeinde und ihre Töchter in bald einem Dutzend Schweizer Städten ziehen laut ICF-Sprecher Daniel Linder derzeit um die 5000 Besucher an. Mit barmherzigem Schweigen übergehen die Reporter der ‚Sonntagszeitung’ die Tatsache, dass viele Freikirchengemeinden mit diesem Zuwachs (auch) Mühe haben. Ihre eigenen Jugendlichen fühlen sich im ICF-Ambiente besser abgeholt und stärker angesprochen. Sie konfrontieren dann die Gemeindeleiter vor Ort mit der Erwartung nach peppigen, herausfordernden Gottesdiensten. Interessant ist der Link, den die ‚Sonntagszeitung’ zur weltweiten Kirchenszene herstellt. Was in der Schweiz gewöhnlich verdrängt wird: „Der Aufschwung evangelischer Freikirchen ist ein globales Phänomen.“ Am meisten Zulauf habe die weltweite Pfingstbewegung, „zu der auch die ICF gehört. Die Zahl ihrer Anhänger wird auf 400 bis 600 Millionen Menschen geschätzt. Das bedeutet: Einer von vier Christen gehört einer Freikirche an.“ Bei diesen globalen Zahlen unterscheidet die ‚Sonntagszeitung’ nicht zwischen Pfingstchristen und anderen Freikirchlern – auch nicht beim Deutschschweizer Freikirchenverband VFG, der von 150'000 Anhängern ausgeht. Viel mehr erfährt man nicht über die Freikirchenlandschaft der Schweiz, die in ihrer Vielfalt schwer zu überschauen ist. Die Reporter der Zeitung, die einst beanspruchte, sonntags zu zeigen, „wo Gott hockt“, haben stattdessen den katholischen St. Galler Religionssoziologen Alfred Dubach befragt. Er streicht heraus, dass Schweizer Jugendliche noch mehr als Erwachsene zögern, sich auf eine Konfession festzulegen. Dubach spricht von ‚Collagen-Religiösen’: „Sie bewegen sich frei auf dem religiösen Markt und suchen nach Antworten auf die Frage: Wer bin ich?“ Der MusicStar-Finalist Mario, der ohne Gottesdienst auskommt, aber täglich meditiert, ist ihm ein Beispiel. Nicht einmal einer von zehn Jugendlichen lebe seine Religiosität in einer christlichen Kirche, sagt Dubach. Im Artikel ist die Rede von „Alarmglocken in den Führungsetagen der Landeskirchen“ - als könnten diese wie Grossunternehmen reagieren. „Der Weckruf der Freikirchen hat gewirkt; auch bei den Landeskirchen halten Marketingmethoden Einzug.“ Dafür sei nach all den gläubigen MusicStar-Bewerbern der Zeitpunkt günstig: „Das Thema Jugendliche und Religion ist in aller Munde…“ Originaltext: http://www.sonntagszeitung.ch/dyn/news/fokus/351009.html
Datum: 24.02.2004Auf der Suche nach Fun – und nach Wegweisern
ICF als Katalysator für Freikirchen?
Globaler Boom – kaum bemerkt
Zögern vor kirchlicher Bindung
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch
„Es kann sein, dass der Glaube heute nicht mehr so uncool ist wie vor ein paar Jahren.“ Piero, einer der MusicStar-Finalisten, hält mit seinem Glauben nicht hinter dem Berg. Er ist nicht allein: Viele Schweizer Jugendliche stellen sich den Fragen nach dem Sinn des Lebens. Sie docken dort an, wo sie klare Antworten bekommen.