Wie ein Traum die Welt verändert
Dass Gleichberechtigung, Meinungs- und Bewegungsfreiheit selbst in Demokratien hart erkämpft werden müssen, zeigt das Musical «Martin Luther King» eindrücklich. Dabei zog die New Gospel Company alle Register ihres Könnens. Unterstützt von einem 150-köpfigen ad-hoc-Chor unter der Leitung von Timo Schuster wurde das monumentale Werk zu einem Gesamtkunstwerk, das niemanden unberührt liess.
Eine Vision prägt Generationen
Martin Luther Kings berühmte Rede vom August 1963 gilt, zusammen mit einer Ansprache von Präsident Lincoln genau 100 Jahre zuvor, als die beste politische Rede der USA. Die Ansprache vor über 200'000 farbigen Menschen brandmarkte Ungleichheit und Diskriminierung (etwa die Rassentrennung in Schulen, Restaurants, Bussen) aufs schärfste.
Der gewaltfreie Protestmarsch wurde auch nach Europa übertragen. Kings Rede setzte einen Schlusspunkt unter die mehrstündige Veranstaltung und markierte gleichzeitig den Auftakt für eine Bewegung mit internationaler Ausstrahlungskraft. Zitate aus «I have a Dream» sind ins Kulturgut der USA eingegangen. Kings Büste ist ebenfalls Teil des Märtyrer-Denkmals an der Westminster Abbey.
In Szene gesetzte Zeitgeschichte
Sollten die Missstände im Amerika des vorletzten Jahrhunderts gewaltfrei bekämpft werden? Während Martin Luther King Jr. (bis zum 5. Lebensjahr hiess er Mike) dies bejahte, wollte sein Gegenspieler Malcolm X den Kampf mit Waffen führen – «mit der Sprache, die die Weissen verstehen können».
Darrin Byrd als King und Eric Papilaya setzten die unterschiedlichen Sichtweisen eindrücklich in Bühnensprache um. Stimmgewaltig überzeugten Peti van der Velde als Kings Ehefrau Coretta und Caroline Mhlanga in ihrer Rolle als Heiliger Geist in weissem Gewand. In 22 Liedern und Bühnenszenen entrollte sich Kings Wirken von den Studentenjahren über das Wirken als Pastor und Führer der Bürgerbewegung (mehr als 25'000 Reden!), den Erhalt des Friedensnobelpreises 1964 bis zur Ermordung am 4. April 1968. Doch die Umsetzung einer millionenfach geteilten Vision war nicht mehr aufzuhalten. «Nur die Liebe bleibt», sang der Chor dem altersmässig gut durchmischten Publikum ins Herz.
«We will walk hand in hand»
«Trotz vieler Schwierigkeiten […] habe ich einen Traum, dass sich eines Tages die Söhne von früheren Sklaven und von früheren Sklavenhaltern brüderlich an einen Tisch setzen. […] Ich habe einen Traum, dass meine vier Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der sie nicht wegen der Farbe ihrer Haut, sondern nach ihrem Charakter beurteilt werden. I have a Dream!»
Kings Vision zog sich wie ein roter Faden durch die über zweistündige Darbietung mit ruhigen Songs, bewegten Rhythmen und intensiven Bühnenszenen. Solisten, Chor und Ensemble überzeugten mit Präsenz, Klangfülle und Publikumsnähe.
Mehrere Tausend Gäste genossen das berührende Schauspiel bisher. Am 5. und 6. November kommt das Erfolgsmusical in St. Gallen und danach in diversen deutschen Städten zur Aufführung. Die Derniere erfolgt am 18. November im Europa-Park in Rust.
Dieser Artikel erschien zuerst in idea Schweiz.
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Datum: 04.11.2022
Autor: Thomas Feuz
Quelle: idea