Kommentar

Bin ich wirklich ein Evangelist?

Eigentlich war es eine eher unerfreuliche Begegnung, die Toni Nyffenegger, Vorstandsmitglied der BewegungPlus, zu grundsätzlichen Überlegungen zur Identität eines Christen veranlasste. Aber Gottes Wege sind manchmal unergründlich. Hier sein Gastkommentar.
Toni Nyffenegger

Ein Kernpunkt meiner inneren und äusseren Auseinandersetzungen ist die Mission. Ich kann mich da nicht entziehen. Schliesslich ist Evangelisation auch in der BewegungPlus aktuell der Schwerpunkt. Wirkungsvoll möchte auch ich sein, bestimmt um des Reiches Gottes willen … und das wäre ich doch am meisten, wenn Menschen durch mich und uns zum Glauben finden. Dazu sind wir ja gesandt: «Jünger zu machen…»

Ob Jesus das genau so gemeint hat, wie es mir heute aus vieler Zeugen Mund und auf viel Papier entgegenkommt? Ich habe widersprüchliche Gefühle. Natürlich hat der Zweifel seine Wurzeln tief in meiner anfechtbaren Seele. So lasse ich mich unter Druck bringen, Dinge zu wollen, die mir nun wirklich nicht so gut liegen. Aber - will Gott wirklich, dass ich tue, was mir nicht liegt, damit andere von mir angesteckt werden? Das kann ich mir wiederum nur schwerlich vorstellen.

Dennoch, die Stimmen aus meinem Inneren und aus meinem Umfeld lassen mich bei meiner Unruhe bleiben.

Da kommt mir das Leben wieder einmal zu Hilfe. Ich bin beim Einkaufen. Ein smart gekleideter und sportlich gestylter  junger Italiener ruft mir zu: «Hallo, hallo, schön dich zu treffen - kennst du mich nicht mehr?» Ich sage:  «Nein, ich kann mich nicht erinnern». Er fragt: «Denk mal nach, in welchem Restaurant du meistens isst»? Gehorsam denke ich nach und spreche sinnierend: «So viel esse ich auch nicht auswärts, aber im Schwanen sind wir schon gewesen…». Das war sein Passwort, wie ich merken sollte. Er wunderte sich, dass ihn die Leute nicht mehr erkennen, wenn er statt der Brille Kontaktlinsen trage und erzählte, dass ihm eben das Auto stehengeblieben sei und er ohne Geld unterwegs und seine Frau im Spital, kurz vor der Entbindung…

Solche Geschichten kenne ich doch und frage nochmal nach, ob er wirklich im Schwanen arbeite, den Restaurateur kenne ich ja? Ja, Ich könne schon am Abend mein Geld dort abholen, aber spätestens am Donnerstag, dann würde ab 19 Uhr die Geburt gefeiert. Ich müsse unbedingt dabei sein. Das ist zwar ein Haustrefftermin,  aber was soll das, angesichts der Möglichkeit, so spontan quasi an die Hecken und Zäune gerufen zu sein … Ich bin fast ein bisschen euphorisiert und traue meinem südländischen Pechvogel mehr als meinem schwachen Personengedächtnis… Da ich nur drei Hunderter habe, kurz zuvor an einem Automaten abgehoben,  gibt’s zur Geburtshilfe halt einen Hunderter ...

Er dankte und herzte mich berührend, drehte sich und verschwand ziemlich schnell. Ich wusste in diesem Augenblick, dass die Geburtstagsparty nie stattfinden und ich (wieder…) nicht Zeuge sein würde und jetzt um konkret hundert Franken leichter sei. Ich fand mich zwischen Wut und Lachen:

Wie kann ich nur wirkungsvoll sein? Vielleicht doch, wenn ich sein werde, der ich bin?

Webseite:
BewegungPlus

Datum: 15.11.2011
Autor: Toni Nyffenegger

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