Pastor Graham Kettle:

«Indonesien hat grössere Religionsfreiheit als Luxemburg»

Luxemburg ist nicht weit weg. Doch was den evangelischen Glauben angeht, ist hier eine andere Welt anzutreffen. Aktionen von Christen werden erheblich eingeschränkt, insbesondere das Mieten von Lokalen und Auftritte auf den Strassen.
Die Altstadt von Luxemburg, im gleichnamigen Land, in der Dämmerung
Die Pastoren John A. Leese, Paul M. Chandler und Graham Kettle (v.l.n.r.)

An Sonntagen können die Besucher der «La Rencontre»-Gemeinde zwischen zwei Gottesdiensten wählen. Denn der Raum bietet Platz für 80 Besucher, die Gemeinde verfügt aber mittlerweile über 120 Mitglieder. Pastor Paul M. Chandler bedauert: «Es ist schwierig, einen grösseren Ort zu finden.»

Ähnliches erlebte Graham Kettle, Leiter der «Oasis»-Gemeinde, als ein neues Lokal für die Gemeinde gesucht werden musste. «Wir suchten während 15 Jahren und prüften 47 verschiedene Objekte. Fragen wie der Preis waren geklärt, doch nachdem wir gefragt worden waren, wer genau wir sind, hiess es stets: 'Wir kommen auf sie zurück.'» Und dies bedeutete stets eine Ablehnung. «Die Leute schauen uns als Sekte an, obschon wir belegen können, dass wir es nicht sind.» Oder dann kommt die Begründung, dass man in Wohngebieten keine Kirche haben könne, und so weiter.

Besucher wurden notiert

Man muss vorsichtig sein, sagt John A. Leese. «Das hat viel mit der Geschichte Luxemburgs zu tun.»

Es gab hier keine Reformation, erklärt Paul Chandler. «In Luxemburg war damals entschieden worden, sie draussen zu halten. Der Direktor unserer Bibelschule startete vor mehreren Jahrzehnten die erste evangelische Gemeinde in der Hauptstadt.» Dazu organisierte er eine Zeltevangelisation. «Die katholische Kirche fühlte sich damals so dominant, dass ihre Vertreter am Eingang standen und die Namen der Personen notierten, die reingingen. Die Menschen liefen deshalb draussen um das Zelt herum und hörten auf diese Weise zu.» Ähnliches sei geschehen, wenn man eine Halle mieten wollte. Entweder konnte man keine mieten, oder die Leute, die die Veranstaltung besuchen wollten, wurden registriert. Dafür fanden viele eingewanderte Portugiesen zum Glauben.»

«Zu den Gottesdiensten unter der Woche kam damals auch ein bekannter katholischer Priester», erinnert sich John A. Leese. «Das verbesserte unsere Position in den Augen von vielen Menschen. Heute aber beklagt auch die katholische Kirche sinkende Glaubwürdigkeit.»

«Mehr Freiheit in Indonesien»

Um Musik und Kunst auf der Strasse darzubieten, ist eine Erlaubnis erforderlich. Paul: «Wir wollten vor drei Jahren mit einem Team auf die Strasse. Mein Kollege erklärte am Telefon den Beamten, was gezeigt würde. Es hiess, dass dies kein Problem wäre. Sogar auf dem zentralen Platz in der Stadt. Weiter hiess es, wir sollen eine offizielle Anmeldung senden, dann hätten wir die Erlaubnis am nächsten Tag. Als sie dann sahen, dass der Veranstalter eine Kirche ist, wurde es abgelehnt. Plötzlich hiess es, es würde zu viel Platz benötigt und so weiter. Sobald sie wussten, wer anfragte, erfolgte die Ablehnung.»

Paul M. Chandler bemerkt, dass in der Schule das Fach «Religion» gestrichen wurde. «Der Nationalfeiertag, der 23. Juni, wurde bisher immer mit einem grossen Event in der Kathedrale eröffnet. Das soll nun anders werden. Auch sollen die Feiertage anders genannt werden. Ostern soll den Namen verlieren und aus Pfingsten sollen die 'Frühlingsferien' werden.»

Flyer-Verteiler werden gebüsst

Das Verteilen evangelistischer Flyer sei verboten. Wiederhandlungen würden empfindlich bestraft. Paul: «Vor zwei Jahren organisierten wir einen Event mit dem europäischen Verband unserer Gemeinde. Als unsere Kollegen zur Vorbereitung nach Luxemburg kamen, hätten sie einen Mann gesehen, der bauf der Strasse christliche Flyer verteilte. Wenige Minuten später war schon die Polizei da. Er musste die restlichen Flyer an Ort und Stelle zerreissen und wurde von der Polizei abgeführt.» In der Regel folge dann eine happige Busse. «Man darf einzig Flyer in den Händen halten und darauf hoffen, dass jemand kommt und ein Exemplar verlangt.»

Graham Kettle bedauert: «Die 'Church of God' in Indonesien hat zwei Millionen Mitglieder. Sie haben mehr Freiheit als wir hier in Luxemburg – und Indonesien ist das Land, mit der grössten Anzahl Muslime.»

Datum: 02.06.2014
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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