40 Jahre Säen und Ernten
Karl Albietz ist der eigentliche Gründer von «Christus für alle Schweiz». Er besuchte die Konferenz für Weltevangelisation 1974 in Lausanne, und was er dort sah, liess ihn nicht wieder los: Überall in der Welt wurde von geistlichen Aufbrüchen berichtet, aber Europa kam einfach nicht vor. Im gleichen Jahr besuchte Albietz auch die «Explo 74» Korea: «Eine riesige Sache, und ich dachte mir: 'In Europa muss etwas geschehen!'» Albietz spürte eine Berufung von Gott, dass er sich in der Evangelisation in Europa engagieren sollte. Aus dem Leitgedanken von Lausanne «Alle Welt soll sein Wort hören» wurde in der Schweizer Delegation das Ziel entwickelt: «Der ganzen Schweiz das ganze Evangelium durch die ganze Gemeinde».
«Wenn sich 10 Gemeinden melden, fangen wir an»
Karl Albietz entwickelte den Grundansatz, systematisch von Haus zu Haus zu gehen. Eine Arbeitsgruppe wurde gegründet und Pläne wurden entwickelt. «Christus für alle» – das war Ziel und Programm. Die Gruppe bat um ein Zeichen: «Wenn sich 10 Gemeinden melden, fangen wir an».
Am 11./12. Januar 1975 zeigte sich: aus 12 Kantonen machten 12 Gemeinden beim Ersteinsatz mit. Das war die Bestätigung. Ein Verein wurde gegründet mit einer dreifachen Zielsetzung:
1. Systematisch jeden Haushalt erreichen
2. Das Evangelium für Erwachsene und für Kinder unter die Menschen bringen
3. Die Botschaft, wenn immer möglich, persönlich weitergeben
«Bei den unzähligen Schulungskursen, die wir in den Gemeinden durchführten, war das Interesse gross», berichtet Karl Albietz aus der Anfangszeit. «Als es aber nachher galt, das Gelernte in die Praxis umzusetzen (meist bei Haus-zu-Haus-Einsätzen an einem Samstag), beteiligten sich wenige. Durch diese Beobachtung stellten wir das Schulungsangebot um. Anstelle von 'Geht hin!', machten wir das Angebot: 'Kommt mit uns, wir zeigen es euch!' Dieses Multiplikationsprinzip führte zu einer Entkrampfung und ermutigte viele Anfänger, es mit einem Erfahrenen doch einmal zu versuchen».
1977 schloss sich «Christus für alle» an «Every Home for Christ International» an. 1981 wurde Karl Albietz zum Leiter des Diakoniewerks Ländli berufen und konnte in dieser Funktion die Kombination von Evangelisation und Diakonie fördern. Daniel Blaser übernahm die Leitung von Christus für alle 1984. «Er weitete die Arbeit in Richtung Osteuropa aus und war darin sehr erfolgreich. Es gelang ihm auch, viele aus dem Freundeskreis bei der Stange zu halten und neue Unterstützer zu gewinnen», erzählte Albietz. 2011 ging die Arbeit dann an Livenet über.
Osteuropa
Hans Ueli Beereuter gab am CFA-TAg einen spannenden Überblick über die Arbeit in Osteuropa. Bereits Daniel Blaser konnte seinerzeit in verschiedenen Ländern Osteuropas die Idee einbringen, mit dem Evangelium von Haus zu Haus zu gehen – obwohl durch den Einfluss des Kommunismus und der Orthodoxen Kirche die Situation dort herausfordernder ist.
Ab 2011 wurde die Arbeit in Osteuropa von «Licht im Osten» koordiniert. Dort wird der Ansatz verfolgt, mit vielen Menschen kurz in Kontakt zu kommen, um dann diejenigen «herauszufiltern», die offen sind für das Evangelium. Was besonders gut ankommt, sind kreative Wege, Gottes Liebe weiterzugeben; z.B. sind Frauen sehr berührt, wenn jemand zu ihrem Haus kommt und ihnen Blumen zusammen mit einer ermutigenden Botschaft bringt. Um bei diesem Bild zu bleiben: Es wurde deutlich, dass von der Schweiz ein Segen ausgeht, gerade auch nach Osteuropa, wo die Botschaft von der Liebe Gottes jahrzehntelang verhärtete Strukturen und Herzen aufweicht – eben wie Blumen, die nach einem langen Winter anfangen zu blühen. Das geht bis zum Namen: Auch in Rumänien etwa heisst die Haus-zu-Haus-Arbeit «Christ pentru toti» (Christus für alle).
Der Schweizer CFA-Leiter Beat Baumann engagiert sich auch international für den Global Outreach Day, der in Osteuropa ebenfalls sehr positiv aufgenommen worden ist.
Einblicke in die Arbeit in der Schweiz
In der Übergangsphase ab 2011 arbeitete CFA vor allem mit drei lokalen Mitarbeitern: Jürg von Känel, David Bucher und Stephan Maag. «Sie bekamen die Freiheit, die systematische Haus-zu-Haus-Einsatz-Haus-Arbeit je nach Situation und Bedarf mit weiteren evangelistischen Methoden zu ergänzen. Wir brauchen eine Vielzahl von Prozessen, unser Land zu erreichen», erklärt CFA-Leiter Beat Baumann die Methoden-Vielfalt, die heute die Arbeit auszeichnet.
So ist es das Anliegen von Stephan Maag, junge Menschen in die evangelistische Arbeit mitzunehmen, dabei besonders die Menschen am Rand der Gesellschaft zu beachten, aber auch durch provokative «prophetische» Aktionen die Aufmerksamkeit der Gesellschaft zu wecken.
Jürg von Känel investierte treu und langfristig in einzelne Menschen und darf heute zunehmend Früchte seiner Arbeit sehen. Zum Beispiel konnte ein Mitarbeiter, den er gefördert hat, an einem Tag sieben Menschen zu Jesus führen! Jürg selbst ging bei Markus Wartenweiler in die «Lehre» und konnte dann später seine eigene Art der Evangelisation entwickeln.
David Bucher schliesslich berichtete, wie er sich von gelegentlichen evangelistischen Einsätzen als Pastor hin zum 80%igen Evangelisten entwickeln konnte. Er verbindet die Haus-zu-Haus-Arbeit vor allem mit intensivem Mentoring auf der einen und mit Gemeindegründungsarbeit auf der anderen Seite. In beiden «Flügeln» dieser Arbeit erleben er und seine beiden anderen Kollegen immer wieder Wunder und klare Führungen bis ins Detail.
Blick nach Süden: Marco Palma aus Neapel
Ein weiterer Referent des Tages war Marco Palma, Pastor aus Neapel. Als er regelmässig begann, zu evangelisieren, verdoppelte sich seine kleine Gemeinde von 60 Mitgliedern innerhalb eines Jahres. Der Hauptgrund war, dass er den typischen Fehler vermied, zu schnell in eine Gemeinde einzuladen (was in Italien sofort in die Sektenecke gestellt wird). Stattdessen fingen seine Gemeindeglieder an, persönliche Kontakte zu Nachbarn, Freunden und Kollegen aufzubauen, sie mit einer bunten, positiven Verteilzeitung und kleinen Geschenken zu erfreuen. So pflegten sie auf ganz natürliche Art menschliche Beziehungen. Mit Interessierten wurden dann kleine gemischte Gesprächsgruppen angefangen, wo Menschen an den Glauben herangeführt wurden und erste Schritte machen konnten. Diese Gruppen können sich über Monate hinziehen, und erst wenn die Menschen eine Vertrauens- und Glaubensbasis haben, werden sie in die Gemeinde eingeladen.
Der Haus-zu-Haus-Methode brachten viele Gemeinden in seinem Umfeld zunächst grosse Vorbehalte entgegen. Also startete Palma mit seiner Gemeinde einen Pilotversuch, bei dem es gelang, in einem Einsatz bereits drei neue Entdeckergruppen zu gründen. Daraufhin wurden auch andere Gemeinden mutig, und sie konnten schliesslich mit 23 Gemeinden 50'000 Zeitungen verteilen, davon ein grosser Teil von Haus zu Haus, aber auch in Supermärkten usw. Als Folge dieser Einsätze konnte in einer Stadt eine neue Gemeinde gegründet werden. Detail am Rande: Im Gespräch stellte sich heraus, dass Fritz Vogt vor 40 Jahren in Italien genau in dieser Ortschaft von Haus zu Haus Schriften verteilt hatte!
Tessin: Stefan Peterhans überwältigt
Stefan Peterhans hat die Aktion «Cristo per tutti» im Tessin aufgebaut und koordinert, durch die im letzten Jahr in einer ersten Auflage 50'000 Exemplare der evangelistischen Sonderzeitung «Faccia a Faccia» verteilt wurden. Stefan war selbst überrascht, auf was für ein positives Echo diese Verteilzeitung stiess – mussten sie doch bereits eine zweite Auflage nachdrucken. Er erzählte ermutigende Beispiele aus der Verteilaktion – und vor allem, wie es die Christen gefreut hat, einmal gemeinsam ein gutes Produkt unter die Menschen bringen zu können. Peterhans: «Ich wollte mehr als nur eine Zeitung erstellen; ich wollte von Anfang an die Haus-zu-Haus-Evangelisation fördern. Aus diesem Grund fing ich an, über CFA zu reden und war unter anderem bei der Tessiner Pastorale (eine Vereinigung von 17 Gemeinden, Anm. d. Redaktion), um das Projekt vorzustellen und die Pastoren für die Haus-zu-Haus-Evangelisation zu gewinnen. Diese Begegnung war sehr erfolgreich und schaffte die Grundlage für eine zukünftige Zusammenarbeit.»
Nicht nur Berichte, sondern auch Lernen
«Der Tag war nicht nur für die Besucher, Freunde und Partner interessant», fasste CFA-Leiter Beat Baumann zusammen. «Es fand zwischen den verschiedenen aktiven Mitarbeitern auch ein gemeinsames Lernen statt. «Auf den Grundlagen, die vor 40 Jahren gelegt wurden, wird heute mit einer neuen Generation weitergebaut – in der Schweiz und in Europa.»
Auf organische Art wird dabei der systematische Stil von EHC – von Haus zu Haus zu gehen – mit anderen evangelistischen Ansätzen erweitert und nach Bedarf kombiniert. «Wir sind bereit für die Zukunft.»
Zum Thema:
CFA-Gründer Karl Albietz: «Ich warte seit 40 Jahren auf einen Aufbruch in der Schweiz»
Mission im Balkan: «Frauen weinen, wenn wir ihnen Nelken mit einer Botschaft schenken»
EHC-Tag in Bern. Keinen einzigen Menschen auslassen
Datum: 09.12.2016
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / EHM