Eindrücklich, aber unbekannt – die Geschichte von Mefi-Boschet
Kennen Sie Mefi-Boschet? Kürzlich setzten wir uns an einem Wochenende mit dem Leben dieses Mannes aus der Bibel auseinander. (2. Samuel, Kapitel 9)
Was kann der Mann dafür?
Was konnte der Mann dafür, dass sein Grossvater Saul sich gegen Gott aufgelehnt hatte? Was konnte er dafür, dass sein Vater Jonathan, der beste Freund von David, so früh gestorben war? Was konnte er dafür, dass das Kindermädchen auf der Flucht ihn, den kleinen Mefi-Boschet, fallen gelassen hatte und er nun ein Krüppel war? Was konnte das Kindermädchen dafür, dass es stolperte? Es war Krieg. Sie wollte nur das Beste für das Kind.
Dasselbe können wir uns heute mit den Flüchtlingen fragen: Was können sie dafür, dass sie im Meer ertrinken oder in Lastwagen ersticken? Was können die ungeborenen Kinder dafür, dass sie abgetrieben werden?
Auch in unserem eigenen Leben liegt vielleicht manches quer in der Landschaft. Auch bei uns gibt es, wenn nicht körperliche, so manche andere «Lähmungen», die uns die Lebensfreude nehmen wollen und uns kränken.
Was können wir dafür, wenn wir als Kinder oder später gemobbt, missbraucht, verlassen oder gedemütigt wurden oder noch werden? Es gibt so viel Schweres und Ungereimtes, wo wir wirklich nicht schuldig sind. Natürlich gibt es auch das andere: Wir alle machen Fehler, werden an Leiden mitschuldig und schaden damit anderen und uns selbst.
Es könnte ja noch schlimmer kommen
Mefi-Boschet wird nach vielen schwierigen Jahren ganz unerwartet zum König gerufen. Soll er gehen? Soll er sich diesem Risiko überhaupt aussetzen? Was, wenn der König ihn einsperren liess oder tötete, weil sein Grossvater Saul so ungerecht und unbarmherzig zu David gewesen war?
Kennen wir das vielleicht aus unserem eigenen Leben? Lieber nichts ändern, es könnte ja noch schlimmer kommen. Lieber im Selbstmitleid versinken...
Am Tisch des Königs
David, der König, will einen Behinderten als Ehrengast, ja als Königskind, an seinem Tisch haben. Warum? «Ich möchte Mefi-Boschet Gutes tun, damit er Gottes Güte durch mich erfährt», sagt David in 2. Samuel, Kapitel 9, Vers 3. Es ist auch eine Geste der Versöhnung. In der semitischen Kultur isst man nur mit jemandem, mit dem man versöhnt ist.
Mich erinnert dieses Geschehen ans Abendmahl. Ob wir krank sind, auf der Flucht sind, im Alltag fast ersticken: Gott nennt uns Königskinder.
Wir ganz gewöhnlichen Menschen dürfen uns an den Tisch setzen und Gemeinschaft mit Gott haben. Gott hat ein Herz für uns – das verbindet uns – wie die beiden Kronen auf dem Bild.
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Datum: 04.09.2015
Autor: Helene Maurer-Schaffer
Quelle: Sonntagsblatt des «Berner Oberländer»