Drei schlechte Angewohnheiten beim Reden mit Gott
Natürlich ist Gebet das Reden mit Gott. Und gleichzeitig ist es etwas, das von unserer Umgebung, unserer Kultur oder auch Tradition mitgeprägt wird. Das ist völlig normal. Doch manchmal entwickelt es lustige Züge – oder sogar schädliche. Eher nett ist es, wenn ein amerikanischer Missionar jemandem das Beten beibringt und der daraufhin mit breitem US-Akzent losbetet. Unterschwellig denkt er wohl, dass dies eine besonders gesegnete Ausdrucksweise sei. Doch Jayson Bradley zeigt, dass es (mindestens) drei schlechte Angewohnheiten gibt, die unser Beten wirklich belasten.
1. Unsere wahren Gefühle verstecken
Wer einmal in der Bibel nachschaut, wie die Menschen darin mit Gott reden, der muss manchmal schlucken, und fragt sich vielleicht: Darf man das? Offensichtlich. Biblisches Beten ist selten das Aneinanderreihen wohlklingender Worte. Es ist immer wieder direkt, unhöflich, vielleicht sogar ungerecht und verärgert. Typisch ist zum Beispiel, was der alttestamentarische Prophet Jeremia seinem Gott an den Kopf wirft: «Herr, du hast mich überredet, und ich habe mich überreden lassen; du bist mir zu stark geworden und hast mich überwunden! So bin ich zum täglichen Gelächter geworden; jedermann spottet über mich! Denn sooft ich rede, muss ich schreien, muss Gewalttat und Zerstörung ankündigen, sodass das Wort des Herrn mir Hohn und Spott einträgt die ganze Zeit» (Jeremia, Kapitel 20, Verse 7–8).
Hat Gott Jeremia tatsächlich hereingelegt? Wohl nicht. Doch dessen wütende Äusserung ist sogar ein Teil der Bibel geworden. Viel zu oft benutzen Menschen ihre Gebete nur dazu, theologisches Wissen darzustellen oder «Richtigkeiten» zu sagen. Dabei hat es gute Gründe, dass solche ungerechten Gebete wie das von Jeremia – und erst recht von Hiob – in der Bibel stehen: Gott kann damit umgehen. Mehr noch: Es gefällt ihm offensichtlich, wenn wir «echt» zu ihm kommen.
Ein deutliches Indiz dafür sind die Klagepsalmen. Fast zwei Drittel aller Psalmen gehören dazu – und so wurden sie damals in den Gottesdiensten gesungen. Das wäre schon eine gehörige Akzentverschiebung, wenn Klagen und Anklagen in unseren Gottesdiensten und unserem Gebet einen so breiten Raum erhalten würden. Es wäre sicher erst einmal ungewohnt – aber ehrlich.
2. Religiöse Floskeln verwenden
Eine weitere schlechte Angewohnheit beim Beten ist das Verwenden von frommer Insidersprache. Und die gibt es in zig Varianten: Manch ein Gebet hört sich so an, als wäre es noch von Luther persönlich gesprochen worden, so altertümlich ist die Sprache. Aber manch eine hippe Jugendgemeinde pflegt ebenfalls einen Insiderjargon, der ausserhalb ihrer stylishen Kirchenmauern unverständlich bleibt.
Wo ist das Problem? Wenn unser Reden sich im Aneinanderreihen irgendwelcher Phrasen erschöpft, dann ist es letztlich leer. Dann dient es vielleicht noch dazu, andere Menschen zu beeindrucken, aber doch nicht Gott.
3. Allgemein daherreden
Unsere Art zu beten offenbart auch unsere Theologie. Und mit Theologie ist hier weniger christliches Spezialwissen gemeint, als vielmehr unsere eigentlichen Überzeugungen. Wer fatalistisch geprägt ist, also schicksalsergeben, der betet anders. Er denkt, dass das, was passieren muss, sowieso passieren wird. Und so betet er auch – nicht unbedingt in der Erwartung, dass sein Reden etwas ändern könnte.
Solch eine Sichtweise wird von der Bibel allerdings nicht unterstützt. Sie erklärt zwar vieles rund um das Reden mit Gott nicht näher, aber sie unterstreicht deutlich, dass Gott hört und handelt. Offensichtlich wünscht Gott sich konkrete «Zusammenarbeit» im Gebet. Allerdings neigen wir dazu, im Gebet allgemein und vage zu reden, statt konkret, mutig und direkt. Doch solches Gebet erwartet Gott. Und diesem Reden mit ihm attestiert Jakobus, dass es wirksam ist: «Das Gebet eines Gerechten vermag viel, wenn es ernstlich ist» (Jakobus, Kapitel 5, Vers 16).
Sind die drei aufgezählten Punkte nun wirklich so dramatisch? Nein und ja. Sie sind es nicht, wenn wir unter Gebet eine Art beschauliches Selbstgespräch verstehen, das niemandem wehtut. Aber sie sind tatsächlich dramatisch, wenn wir eigentlich Kontakt zum lebendigen Gott suchen.
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Datum: 12.01.2020
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet / Patheos.com