Offen zum Leiden stehen

GuB

Zum eigenen Leiden stehen, weil die Bibel Leid nicht verschweigt. Diese Botschaft hatte Peter Henning für Menschen mit Behinderungen. Der Rektor des Theologisch-Diakonischen Seminars Aarau referierte am 17. Treffen von «Glaube und Behinderung», das Anfang September in Rüschlikon stattfand.

Der Mensch versuche krampfhaft eine Erklärung für das Elend auf dieser Welt zu finden, sagte Henning zu den 100 anwesenden, meist behinderten Menschen. Die Frage komme angesichts des Leidens und der Katastrophen rasch auf: «Wo ist Gott, wenn so viel Schreckliches passiert?»

Nicht wegbeten

Es gebe verschiedene Versuche, das Leid zu erklären, so Henning. Da sei einmal die fromme Lösung, die versuche, wie Hiob im Alten Testament alles aus Gottes Hand anzunehmen. Dann gebe es die Menschen, die immer nach dem «Warum» fragt. Als Drittes gebe es noch diejenigen, die aktiv gegen das Leid ankämpften, indem sie auf die Forschung setzten oder versuchten, das Leid einfach wegzubeten, damit ein Paradies auf Erden entstehen könne. Wer aber das Leid nur wegbeten wolle, schaffe eine Zweiklassen-Gesellschaft zwischen den «besser Gläubigen», die hundert Jahre alt und stets gesund blieben, und denjengen, die trotz viel Glauben weiterleiden müssten.

Tiefe Hoffnung

Gefragt seien Christen, die angesichts persönlicher und weltweiter Katastrophen «hindurchglauben und vorausglauben», sagte der Bibelschullehrer. Er ermutigte die Anwesenden sogar, offen zum eigenen Leiden zu stehen, weil die Bibel Leid nicht verschweige. «Gott kennt jeden Menschen, mit seinen Tränen. Klagen ist erlaubt!», rief Henning in die Runde. Zu bedenken sei aber auch, dass uns nichts von der Liebe Gottes trennen könne und dass nach diesem Leben, aber erst dann, für die Gläubigen das Leiden aufgehoben sein werde. Aus dieser Hoffnung könnten Christen leben, und für behinderte Menschen gelte besonders: «Wer eigenes Leid durchlebt hat, lernt das „Lob aus der Tiefe“ zu praktizieren.»

Datum: 19.09.2005
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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