«Es ist wichtig, mit Gott zu ringen»
Leo Bigger: Ich überlege mir schon ein paar Jahre vorher, welche Themen die Leute und mich interessieren. Das sind dann meist Themen, die ich spannend finde, weil es sich, wie zum Beispiel bei Habakuk, um einen Charaktermenschen handelt. Ich versuche immer gerne, verschiedene Themen anzusprechen.
Warum hast du für das neue Buch gerade dieses Thema und Habakuk gewählt?
Habakuk hatte ich schon lange auf meiner To-do-Liste, konnte mich aber nicht so richtig mit dieser Geschichte anfreunden. Ich fand den Namen auch speziell. Im Buch Habakuk geht es um ein schweres Thema. Gerade darum habe ich mich entschieden, dieses Thema anzupacken.
Ein neues Buch entsteht dann meist auf ganz organische Art und Weise. Als erstes halte ich eine Predigtserie im ICF. Wenn ich das Gefühl habe, dass es durch die Decke geht, dass es gut ankommt, mache ich ein Buch daraus. Wenn ich kein gutes Feedback für die Serie bekomme, lasse ich die Finger davon. Das Feedback zeigte mir, dass das Thema die Leute beschäftigt und ihnen in dem Sinn auch helfen kann. Darum das Buch Habakuk. Es handelt davon, wie man damit umgeht, wenn Gott Gebet nicht erhört. Bei Habakuk kommt dann die Prophezeiung, dass Gott sagt: «Ich will euch vernichten!» «Was ist denn mit den Gerechten?», fragt Habakuk. Gott sagt: «Alle!» Das ist mega krass, wenn Gott eine Gesamtsituation sieht, die wir nicht verstehen, die aber etwas mit unserem Leben zu tun hat. Dann finden wir das unfair und ungerecht. Der Name Habakuk bedeutet «Ringen». Er hat mit Gott gerungen über das Thema und es ist mega wichtig, dass auch wir mit Gott ringen, wenn wir in einem Glaubenskampf stehen. Wenn man ringt, bekommt man Tiefe im Leben. Es gibt gläubige Menschen, die durch Tiefen gehen und man kann das nicht einordnen. Man kann davonlaufen und die Augen verschliessen. Das bringt aber nichts. Habakuk musste eine Position einnehmen. Er hat mit Gott gerungen mit seinen Fragen, bis er für sich eine Lösung gefunden hatte.
Wer arbeitet alles mit bei der Entstehung eines neuen Buches?
An einem Buch arbeiten sehr viele Leute mit. Pastoren aus den Locations und ebenso meine Frau bringen Ideen und Bibelverse ein. Es ist ein Teamwork. Mehr als die Hälfte der Arbeit habe ich bereits durch die Predigtserie erledigt. Daraus wird ein erstes Skript verfasst. Steht dieses, wird es überarbeitet und überarbeitet. Von mir und auch von verschiedenen anderen Personen. Nachdem ich auch nochmals alles durchgelesen und mein Okay gegeben habe, geht der Text ins Lektorat beim Verlag. Ich schreibe nicht einfach so von Null an ein Buch. Es ist interessanterweise auch nicht meine erste Leidenschaft, Bücher zu verfassen. Vor vielen Jahren hatte ich jedoch den Eindruck, ich sollte Bücher schreiben. Ich, ein Mensch, der selber so wenig Bücher liest. Das fand ich lustig. Doch dann bemerkte ich, dass dies zum Schlüssel werden kann. Denn ich weiss, was lesefaule Leute wie ich selber brauchen, damit sie ein Buch lesen.
Was bedeutet dir die neue Location von ICF Zürich, die Samsung Hall?
Mega viel! Es bringt viel Ruhe für alle Mitarbeiter und das ganze ICF Zürich. Immer mussten wir neue Locations suchen, was viel Aufwand mit sich brachte. Man ist nervös, angespannt. Wir sind keine kleine Kirche, es ist mehr als nur die Celebrations am Sonntag. Wir mussten auch für die Twenties, die Jugendarbeit und für die Frauenevents Räume haben. Es tat unendlich gut, diese Last einfach abzuwerfen. Die nächsten 99 Jahre werden wir in dieser Location verbringen. Das gibt viel Kraft. Wir können nun die Kirche weiter entwickeln, für Menschen da sein, sie coachen. Das gibt einerseits Ruhe, andererseits aber auch Schub nach vorne. Wir brauchten relativ lange, um uns einzuleben und wieder neu zu organisieren. Jetzt sind wir bereit für ein «Level up» als Church.
Es dauerte zehn Jahre bis zum Bau der Samsung Hall. Was hat dieses Warten mit dir gemacht?
Das war nicht so einfach. Das Bild vom Weinstock hat mir geholfen. Alles wächst schnell im Frühling. Im Sommer stagniert das Wachstum. Das ist die Zeit des Reifeprozesses. Dieses Bild hat mir sehr geholfen. Und auch die Bibelstelle, wo Jesus sagt: «Wer in mir bleibt, in dem bleibe ich. Er wird viel Frucht bringen.» (Johannesevangelium, Kapitel 15, Vers 5) Ich wusste immer, ich hätte davonrennen und eine Abkürzung nehmen können. Das funktioniert bei Gott aber nie. Den Bibelvers sage ich mir immer wieder vor. In solchen Situationen ist es wichtig, ein Bild zu nehmen, das einem hilft, dranzubleiben. Die Gefühle gehen in alle Richtungen und man hat schlaflose Nächte. Man hat das Gefühl, man kann und will nicht mehr. Man will aufgeben und hat Zweifel. Doch das Bild vom Weinstock hat mir in dieser Situation sehr geholfen.
Das Buch schildert die Wanderung durch die verschiedenen Locations. Wie war dies für dich?
Ich bin immer dankbar gewesen, dass wir jeweils eine Location gefunden haben. Es macht natürlich etwas in einem. Man vertraut, dass nicht ein Gebäude der Grund ist, dass eine Kirche wächst. Man glaubt einfach, dass die Gegenwart von Gott in jeder Location ist. Das Traumbild einer Location muss man loslassen. Ich musste das eine lange Zeit tun. Aber schlussendlich dienen wir Gott, wo auch immer wir sind. Gottes Wege sind nicht unsere Wege und seine Gedanken sind nicht unsere Gedanken. Da musste ich einfach vertrauen wie ein Schaf, das seinem Hirten nachläuft. Er führt den richtigen Weg.
Warum würdest du dein Buch Habakuk empfehlen?
Wir alle kennen Beispiele von uns selbst und aus unserem Umfeld, wo wir durch Situationen hindurchgehen, die wir nicht verstehen, die alles andere als glorreich aussehen. Habakuk ist ein grossartiges Vorbild, das uns hilft, mit Gott zu ringen und nicht einfach eine plumpe Antwort zu finden oder aufzugeben. Das Buch gibt uns ein paar praktische Ratschläge, wie wir richtig kämpfen können.
Und was würdest du sagen, kann dadurch konkret entstehen?
Ich bin überzeugt, ein Glaube, der getestet ist, ist ein Glaube, auf den man vertrauen kann. Ein Test bringt das, was ganz tief in uns ist, heraus. Tests liebe ich gar nicht. Aber sie zeigen mir, dass Jesus wirklich mein Fundament ist, auch dann, wenn ich es nicht verstehe. Unsere Glaubenswurzeln werden dadurch tiefer und stärker.
Zum Buch:
Habakuk
Zum Thema:
Neues Buch von Leo Bigger: Habakuk, ein Buch für Zweifler
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Datum: 18.07.2019
Quelle: ICF Church Magazin