«Facebook hat nicht nur eine nette Seite»
Auf die Kirchen kommen – durch die bereits vollzogene Weiterentwicklung des Internets – tiefgreifende Veränderungen zu. Die Frage ist, wie die Chancen in Zukunft vermehrt genutzt werden können.
Absicht ist, die kirchlichen Angebote dort zu platzieren, wo sich die junge Internetgemeinde aufhält – bei Facebook beispielsweise. Die Mitgliedschaft in Internet-Gemeinschaften sind für jüngere Menschen heute die Norm und ein Garant für das Aufrechterhalten intensiver Beziehungen in einer flexiblen Gesellschaft.
Natürlich ist man sich, auch von den Kirchen her betrachtet, der Problematik des Datenschutzes in den sozialen Netzwerken bewusst; wie man allerdings damit umgehen soll, wird unterschiedlich beantwortet.
Vorteile und Gefahren
Antworten auf diese Fragen suchen die beiden NDR-Journalistinnen Svea Eckert und Anika Giese in Zusammenarbeit mit ihrem BBC-Kollegen Charles Miller in der Dokumentation «Facebook: Millionengeschäft Freundschaft», die heute Montag, 13. Februar, in der ARD ausgestrahlt wird.
Die Autoren besuchten Nutzer, für die ein Leben ohne das soziale Netzwerk nur noch schwer vorstellbar ist. Der Blick in Facebook gehört für den 35-jährigen Restaurantbesitzer Thomas Stieglitz so selbstverständlich zum Frühstück wie für andere der Blick in die Tageszeitung. Für die 17-jährige Franciska ist Facebook der Weg, um ständig mit ihren Freunden in Kontakt zu sein. Eine Vorstellung davon, was das Unternehmen mit ihren ganz privaten Daten macht, haben die beiden - wie die meisten anderen Nutzer – nicht.
Auf der Suche nach einer Antwort haben die drei Autoren die Medienpsychologin Sabine Trepte, den Datenschützer Thilo Weichert, die Marketingexpertin und Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg sowie weitere Experten befragt. Dank vieler Anstrengungen ist es ihnen auch gelungen, ein Interview mit Firmengründer Mark Zuckerberg zu führen. Es ist ein Gespräch, das irritiert und beunruhigt, gerade weil Zuckerberg freundlich, scheu und sehr durchschnittlich wirkt.
Profile erstellen
Zuckerberg vermittelt immer wieder den Eindruck, es drehe sich alles nur um die Menschen, deren Kontakte und Freundschaften. Nur an einer Stelle wird er deutlicher: «Wenn du jeden Tag auf Facebook gehst, können wir bei dir im Gegenzug Werbung schalten. Und so verdienen wir unser Geld.» Noch klarer sagt es Sherly Sandberg: «Der Nutzer findet auf Facebook Produkte, von denen er noch nicht weiss, dass er sie überhaupt braucht.»
Tatsächlich gelingt es Facebook, durch spezielle Techniken die Profile seiner Mitglieder so auszuwerten, dass die Anzeigen der Werbekunden gezielt und individuell auf den Seiten der Nutzer platziert werden können. Nicht nur durch die Einträge, die die Nutzer im Profil machen, erfährt das Unternehmen etwas über Interessen und Vorlieben, sondern auch durch die «gefällt mir»- Knöpfe. Jeder Klick wird registriert und gespeichert. Daraus lässt sich leicht ein detailliertes Interessenprofil erstellen.
Gleichzeitig betrachten die meisten Nutzer Facebook als sehr private Zone, dadurch nehmen sie Werbung viel weniger als Werbung wahr. Die Menge der gesammelten Daten aber könnte nicht nur für Werbestrategen von Vorteil sein. Davor warnen Datenschützer.
Hinter der Fassade
«Facebook: Millionengeschäft Freundschaft» ist eine beunruhigende Dokumentation. Sie stellt ein Produkt vor, das von seinen Machern als durch und durch menschenfreundlich dargestellt wird. Doch der Blick auf die Geschäftszahlen zeigt, dass es hier nicht nur um humane Werte geht, sondern in harten Dollars abgerechnet wird. Was hinter der Fassade geschieht, ist nur schwer vor- und darstellbar. Auch die Dokumentation schafft nur eine Annäherung. Aber sie zeigt deutlich, dass Facebook nicht nur eine nette Seite hat.
TV-Medinetipp:
«Facebook: Millionengeschäft Freundschaft», Film von Svea Eckert, Anika Giese und Charles Miller.
ARD, Montag, 13. Februar 2012, 22.45 - 23.30 Uhr.
Video-Clip:
Die Facebook Freundin
Webseite:
Facebook –Millionengeschäft Freundschaft (ARD-Programmhinweis)
Datum: 13.02.2012
Autor: Bruno Graber
Quelle: Livenet / Kipa