Hoffnung in der Quarantäne
Zwischen «Kopf hoch» und dem dumpfen Angst-Empfinden «Ich weiss nicht, was kommt» kennen wir momentan wahrscheinlich alle Schattierungen von Gefühlen. Die übliche Tasse Kaffee im Dorf am Morgen geht nicht mehr, alle Restaurants sind zu, das Fitnesscenter und die Sauna auch. Stattdessen sind wir die meiste Zeit daheim – und mehr mit uns selbst allein, als es die meisten von uns vielleicht seit langer Zeit erlebt haben.
Was mach ich mit mir selber?
Irgendwas machen wir immer, logisch. In Frankreich sagt man, dass Kondome und Rotwein ausverkauft sind, in Deutschland wird hingegen WC-Papier und Mehl gehamstert. Man muss seine Prioritäten setzen, oder?
Aber im Ernst: Was machen wir mit dieser Zeit, abgeschnitten von vielen Ablenkungen? Natürlich kann man den ganzen Tag den TV laufen lassen, aber irgendwann merkt man es selbst: Ich will mich doch nicht die ganze Zeit zudröhnen.
Die (Fast-)Quarantäne fordert uns heraus, im wahrsten Sinne des Wortes: heraus aus schnellen Ablenkungen, heraus aus oberflächlichem Zeitvertreib (was für ein furchtbares Wort!) und kann, wenn wir uns mal aushalten, zu einer erstaunlichen Chance werden. Dass wir nämlich einmal Gedanken zulassen, die normalerweise in der Hektik des Alltags untergehen. Worauf hoffe ich? Was ist mein Leben wert? Was, wenn es mich «erwischt»?
Hoffnung mit Bodenhaftung
Man kann seine Hoffnung ja auf alles mögliche setzen. Für die meisten bedeutet hoffen einfach «optimistisch sein» oder «'s chunt wie's muess». Christliche Hoffnung hingegen gründet auf der Tatsache, dass der Schöpfer auf die Welt gekommen ist, uns erlöst hat, uns liebt und mit uns persönlich und mit der Welt etwas vorhat. Vor allem: dass er ein Gott ist, an den man sich persönlich wenden kann. Diese innere Verbindung von meinem persönlichen Schicksal mit der Allmacht und Liebe Gottes – das ist Hoffnung, die man in Corona-Zeiten wie einen Anker erleben kann. Mein Leben ist an Gott festgebunden, egal was passiert. Das gibt Ruhe und Gelassenheit.
In die Stille vorstossen
Diesem Gott irgendwie in der Stille zu begegnen – das ist eine der grossen Chancen der gegenwärtigen Situation. Es ist ein anspruchsvoller Weg. Wenn Menschen uns nicht mehr berühren dürfen – darf es Gott?
Als Hilfe ein Text von Henri Nouwen: «Jedes Mal, wenn wir in die Einsamkeit und Stille gehen, ziehen wir uns von unserem stürmischen, lauten und heissen Leben zurück und öffnen uns selbst für die grosse Begegnung. Das, was wir in der Stille oft zuerst bemerken, ist unsere eigene Unruhe, unser Getriebensein, unsere Zwanghaftigkeit, unser Drang, schnell zu handeln, etwas zu erreichen und Einfluss auszuüben. Und oft ist es schwer, der Versuchung zu widerstehen, so schnell wie möglich wieder zum 'wichtigen' Leben zurückzukehren. Aber wenn wir mit etwas Disziplin dran bleiben, fangen wir langsam an, die leise, kleine Stimme Gottes zu hören und die sanfte Brise zu spüren, und so lernen wir den Herrn unseres Herzens, unserer Seele und unseres Innersten kennen – den Gott, der uns sehen lässt, wer wir wirklich sind.»
So eine Begegnung ist so etwas wie ein innerer Frühjahrsputz – wer weiss, vielleicht wird so die Corona-Zeit im Rückblick zu einer der wertvollsten Epochen seit langem.
Zum Thema:
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Datum: 20.03.2020
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Jesus.ch