Christsein – angesteckt und ansteckend
Es hört sich nicht besonders spektakulär an, ist aber eines der letzten Rätsel der Menschheit: Warum verlangen im Flugzeug so viele Passagiere Tomatensaft? Die meisten Menschen machen im normalen Leben einen grossen Bogen darum. Fakt ist aber, dass auf Langstreckenflügen Tomatensaft 16 Prozent der alkoholfreien Kaltgetränke ausmacht – beinahe doppelt so viel wie Orangensaft. Die deutschen Airlines schenken zusammen jährlich 1,5 Millionen Liter Tomatensaft aus. Und als Lufthansa 1993 einen Anlauf nahm, ihn von der Getränkekarte zu streichen, gab es erst eine Protestwelle und anschliessend weiterhin T-Saft. Viele Menschen haben sich bereits Gedanken gemacht, warum das so ist. Die Erklärungen reichen von «Ist gut gegen Übelkeit» bis «Der Luftdruck verändert den Geschmack». Am schönsten ist vielleicht diese hier: «Ich trinke eigentlich nie Tomatensaft, aber wenn im Flieger irgendjemand einen bestellt, ist das ansteckend. Dann muss ich auch einen bestellen. Ausserdem bekommt man nirgendwo sonst auf so charmante Art kostenlos ein so abartiges Getränk angeboten …» Seltsames Verhalten wirkt scheinbar ansteckend. Zum Glück wirkt aber auch Leben ansteckend – und davon redet die Bibel an zahlreichen Stellen.
Ansteckende Gesundheit
Eine Frau mit Blutfluss kam zu Jesus «berührte sein Gewand. Denn sie sagte sich: Wenn ich nur seine Kleider berühren könnte, so würde ich gesund. » (Markusevangelium Kapitel 5, Verse 27-28)
Wir kennen ansteckendes Lachen – aber in der Regel denken wir bei Ansteckung doch eher an Krankheiten, Mundschutz, Handschuhe, getrennte Kelche beim Abendmahl usw. So geht es wohl auch den Jüngern. Eine Frau, die seit 12 Jahren an unstillbaren Blutungen leidet, schleicht zu Jesus und fasst ihn an. Die Jünger bekommen es erst gar nicht mit. Sie wollen Jesus beruhigen: Hier ist so ein Gedränge, da kann man schon mal angerempelt werden. Als sie dann die Frau sehen, geraten sie dezent in Panik. Abstand, Handschuhe anziehen, sollen wir die Polizei rufen? Jesus lächelt nur. Und sagt: «Zu spät. Die Ansteckung ist schon passiert.» Die Jünger denken an Hepatitis oder Aids. Aber Jesus korrigiert die Richtung ihres Denkens: «Nicht sie hat mich, ich habe sie angesteckt, mit meiner Gesundheit, meinem Heil.» Und der weitere Verlauf der Geschichte unterstreicht: Genau das ist geschehen. Der Gesunde hat die Kranke angesteckt und sie ist dadurch gesund geworden. Typisch Jesus. Wie so manches Mal stellt er auch hier unsere Erwartungen auf den Kopf.
Ansteckendes Leben
«Es ist noch eine kleine Zeit, dann wird mich die Welt nicht mehr sehen. Ihr aber sollt mich sehen, denn ich lebe und ihr sollt auch leben.» (Johannesevangelium Kapitel 14, Vers 19)
Die Jünger haben vieles mit Jesus erlebt, doch irgendwann kommt die Zeit des Abschieds. Jesus bereitet sie darauf vor, dass er gehen, aber stattdessen der Heilige Geist kommen wird. «Das ist mir zu abstrakt.» – «Wohin sollen wir dann gehen, so ohne dich?» – «Jesus, wenn wir dich nicht mehr sehen, dann fehlt uns der Durchblick …» In die Proteste hinein stellt Jesus klar: «Meint ihr im Ernst, ich lasse euch allein? Ich bleibe bei euch. Ihr werdet mich zwar nicht sehen, aber ihr werdet es spüren, erfahren, erleben, dass ich da bin. Durch den Heiligen Geist – und er ist nur dann abstrakt, wenn ihr ihn unters Mikroskop legt. Sobald ihr weiter mit mir vorangehen wollt, werdet ihr ihn sehen. Und ihr werdet auch mich in eurem Alltag erkennen.» Er lächelt: «Glaubt ihr wirklich, ich lasse es mir entgehen, zu erleben, wie es mit euch weitergeht? Und damit ihr nicht den Eindruck habt, ihr sitzt nur im Wartezimmer oder schliddert von einem Problem ins andere, gebe ich euch mein Wort: Ich lebe und ihr sollt auch leben.» Jesus hätte alles Mögliche versprechen können: Reichtum, Problemlosigkeit oder Steuerfreiheit für alle Christen. Hat er nicht getan. Er hat seinen Freunden damals und heute etwas Besseres versprochen – dass er uns mit seiner Lebendigkeit ansteckt und umkrempelt. Dass sein (ewiges) Leben jetzt schon in uns Gestalt annimmt.
Ansteckendes Reden
«Wir können's ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben.» (Apostelgeschichte Kapitel 4, Vers 20)
Im ersten Moment hört sich das an wie eine Art geistliches Tourette-Syndrom. Zu diesem Krankheitsbild gehören Tics: Kopfwerfen, Naserümpfen, Husten, aber auch sprachliche Äusserungen wie Nachsprechen oder wüste Beschimpfungen. Doch daran leiden Petrus und Johannes (natürlich) nicht. Sie rufen nicht unkontrolliert «Jesus». Sie reden mit voller Absicht von ihm.
- Sie sind von seinem Heil angesteckt.
- Sie haben seinen Geist und damit sein Leben.
- Und deshalb reden sie von Jesus – selbst angesteckt stecken sie auch andere an.
Das wäre doch etwas, oder? Ein Glaube, der nicht nur tief da drinnen ist, sondern der ausbricht wie Masern und genauso ansteckend ist. Und wenn wir merken, dass das bei uns eben nicht so ist? Dass wir weder so angesteckt von Jesus sind, noch so ansteckend wirken? Dann gibt es nur eins: zurück zu Jesus. Ihn berühren. Noch einmal und immer wieder. Lassen wir uns nie einreden: das war's jetzt. Nochmal brauchst du das nicht zu versuchen. Die Begegnung mit Jesus steckt uns an – ob als Einsteiger oder «Profis» im Glauben.
Einer reicht
Manche Theologen haben eine einfache Erklärung dafür, dass wir als Christen nicht besonders ansteckend sind: Wir sind zu wenige. Um gesellschaftlich relevante Prozesse anzustossen, müssten wir 10 Prozent der Bevölkerung ausmachen, sonst würde gar nichts passieren … Und mit wie vielen Jüngern hat Jesus die Welt auf den Kopf gestellt? Ausserdem reicht einer im Flugzeug, der Tomatensaft bestellt, um viele anzustecken. Und wenn so etwas Seltsames funktioniert, dann gilt erst recht für unser Reden von Jesus. Ansteckung ist möglich!
Zum Thema:
Den kennenlernen, der ansteckt
Ansteckung erwünscht! - Virenträger der Liebe Gottes
Lachen ist ansteckend
Datum: 19.07.2015
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet