Loslassen, damit Neues entstehen kann
Loslassen kann ganz unterschiedlich aussehen: Eltern, die vor der Aufgabe stehen, ihre Kinder loszulassen. Oder das Loslassen von Menschen, die sich aus unserem Leben verabschiedet haben, sei es durch Tod, Trennung oder den Bruch einer Freundschaft. Manchmal ist es auch dran, Träume loszulassen. Oder Vorstellungen. Vielleicht auch Lebensentwürfe. Einen Kinderwunsch. Oder das Loslassen der Körperkraft und Gesundheit. Das Loslassen des Berufslebens. Und irgendwann stehen wir alle vor der Herausforderung, unser Leben loszulassen.
Wie gerne hätten wir, dass alles beim Alten und Vertrauten bleibt. Da fühlen wir uns sicher. Wir möchten es am liebsten festhalten. Vielleicht auch ein bisschen aus Angst vor dem, was nachher kommt? Und aus einer Überforderung heraus, uns dem Prozess des Loslassens zu stellen?
Gefühle der Trauer zulassen
Loslassen ist eng an Abschiednehmen gekoppelt. Wenn wir etwas Wertvolles verlieren, sind wir traurig. Und diese Trauer dürfen wir zulassen. Denn sie hilft uns, den Verlust wahrzunehmen und zu verarbeiten. Wir gestehen uns selber und vielleicht auch anderen ein, dass es uns zum Beispiel schwer fällt, Verantwortung abzugeben und uns aus dem Berufsleben zurückzuziehen. Oder dass es uns Mühe bereitet, dass die Kinderzimmer leer stehen. Oder dass wir einen Menschen vermissen. Wir schauen hin, was da in uns vorgeht. Benennen die Gefühle. Lassen diese zu. Und damit beginnt der Prozess, den Verlust oder die Veränderung zu verarbeiten.
Trauer hat viele Gesichter. Sie beinhaltet Gefühle, Gedanken und auch körperliche Reaktionen. Es ist hilfreich, sich Menschen zu suchen, die uns zuhören und die starke Emotionen gemeinsam mit uns aushalten. Ein guter Kanal kann auch sein, Tagebuch zu schreiben, zu malen, Musik zu machen oder sich in der Natur zu bewegen.
Dankbar sein für das, was war
Wenn wir Mühe haben, etwas loszulassen, so hat es uns auch etwas bedeutet. Dann waren da viele schöne Erlebnisse, die wir in unserem Herzen tragen. Dann war da ein Segen, den wir einige Zeit geniessen durften. Erinnern wir uns doch an diesen Segen! Und vielleicht ist es gar möglich, dass wir Gott im Gebet Danke sagen für alle schönen Momente, die wir zum Beispiel mit einer verstorbenen Person erlebt haben. Oder für die vielen guten Gespräche, die der zerbrochenen Freundschaft vorausgingen. Oder für die vielen frohen Stunden mit unseren Kindern. Für die erfüllten Arbeitsjahre. Wir dürfen uns freuen über die Erlebnisse aus der Vergangenheit.
Ein Ziel vor Augen
In der Bibel finden wir die Geschichte von Abraham (1. Mose, Kapitel 12 bis 23). Er musste immer wieder loslassen: seine Heimat, den unerfüllten Kinderwunsch und als dann im hohen Alter doch noch ein Sohn geboren wurde, war er bereit, auch diesen loszulassen. Was war sein Geheimnis? Er hatte die tiefe Überzeugung, dass Gottes Pläne gut sind. Sein Blick ging weiter, über das Jetzt hinaus. Er sah Gott und wusste, dass sein Ziel in ihm liegt. So ging er zielgerichtet seinen Weg.
Da liegt eine tiefe Weisheit drin: Loslassen gelingt dann, wenn wir ein Ziel haben. Wir brauchen eine Perspektive, die über das Jetzt hinausgeht. Wenn wir nur auf die Umstände schauen und auf das, was wir loslassen sollen, so treten wir an Ort und Stelle. Wir drehen uns um dieses eine Thema. Wir haben keine Perspektive, die uns über das Loslassen hinweg hilft. Doch Gott möchte uns eine Perspektive schenken, die unserem Leben Sinn und Ziel gibt.
Bei der Suche nach einer neuen Perspektive stellt sich nicht zuletzt auch die Frage nach der eigenen Identität: Wer bin ich? Wer bin ich ohne meine Kinder? Wer bin ich, wenn ich nicht für meine Familie sorge? Oder wer bin ich, wenn ich diesen Job nicht mehr habe? Wenn ich nicht mehr aktiv Geld verdiene? Wer bin ich in Gottes Augen? Was gibt mir Wert? Wofür schlägt mein Herz? Das sind entscheidende Fragen. Wenn wir Antworten darauf finden, so wächst etwas Neues. Wir machen uns auf, neue Wege zu entdecken. Wir finden neue Ziele. Und dann fällt uns auch das Loslassen leichter. Statt dass wir krampfhaft Altes festhalten, schauen wir nach vorne auf das Ziel. Auf das, was werden kann. Und schöpfen neuen Mut. Finden Sinn und eine Perspektive.
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Datum: 15.09.2018
Autor: Ursula Blatti
Quelle: Livenet