Es kam der Augenblick, wo Josef seine Maria behutsam vor die Herberge führte und laut an die Holztür pochte. Michael der Wirt stand dahinter und wartete. «Was wollt ihr?», fragte er barsch und stiess die Tür heftig auf. «Wir suchen Unterkunft.» «Sucht sie anderswo!» Michael blickte starr geradeaus, sprach aber mit kräftiger Stimme: «Die Herberge ist voll!» «Bitte, lieber Wirt, das hier ist meine Frau Maria. Sie ist schwanger und muss sich ausruhen. Sie ist so müde...» Jetzt lockerte der kleine Wirt zum erstenmal seine starre Haltung und schaute auf Maria. Dann folgte eine lange Pause, so lange, dass es für die Zuhörer schon ein bisschen peinlich wurde. «Nein! Schert euch fort!», flüsterte der Souffleur aus der Kulisse. «Nein! Schert euch fort!», wiederholte Michael automatisch. Traurig legte Josef seinen Arm um Maria, und Maria lehnte den Kopf an die Schulter ihres Mannes. So wollten sie ihren Weg fortsetzen. Aber der Wirt ging nicht wieder in seine Herberge zurück. Michael blieb auf der Schwelle stehen und blickte dem armseligen Paar nach – mit offenem Mund, die Stirn sorgenvoll gefurcht. Man sah deutlich, dass ihm Tränen in die Augen traten. Und plötzlich wurde dieses Krippenspiel anders als alle bisherigen. «Bleib hier, Josef!», rief Michael. «Bring Maria wieder her!» Sein Gesicht verzog sich zu einem breiten Lachen. «Ihr könnt mein Zimmer haben!» Manche Zuschauer meinten, Michael habe das Krippenspiel verdorben. Aber viele, viele andere hielten es für das weihnachtlichste aller Krippenspiele, die sie je gesehen hatten. Quelle: Chilezyt BaumaEine neue Variante
Datum: 16.12.2004