Natürlich hat sie recht, die junge Frau! Denn wer den Glauben ernst nimmt, wer aus dem Glauben lebt, der kann nicht anders, als immer wieder – trotz aller Sorge und Not – auch Freude empfinden. Wer im Glauben mit Gott verbunden ist, wird immer wieder neu erfüllt von Freude, da sie ein Funke seines göttlichen Wesens ist. Die Freude ist ein Ausdruck von Liebe. Wer sich in seinem Wesen als geliebt erfährt, kann nicht anders als sich freuen. Wer sich von Gott geliebt weiss, bedingungslos und ungeschuldet, für den wird die Freude zu einem Grundzug seines Wesens. Zu einer Kraft, die immer wieder auch durch Sorgen und Nöte hindurch zu scheinen vermag. Lieben und sich lieben lassen gehören zu den Grundvollzügen christlichen Glaubens. Wahrer Glaube kann darum nicht anders, als der Liebe immer wieder Raum geben: Ich kann die Menschen, die mir in meinem Alltag begegnen, mal mehr mal weniger gern haben, mich mehr oder weniger über sie und mich ärgern. Ich kann ihnen und mir die Unfreundlichkeiten, die kleinen Fehler und Nachlässigkeiten auch mal nachsehen und verzeihen. Die Freude ist eine Art Prüfstein für unseren Glauben. An ihr können wir die Kraft unseres Glaubens erkennen. Denn wahre Liebe ist spürbar, echte Freude ansteckend. Manchmal können die Menschen um uns herum das deutlicher wahrnehmen als wir selber. Die Seligpreisungen der Bergpredigt (Lk 6,20) wissen um den tiefen Grund der christlichen Freude in unserem Alltag. Darum laden sie uns immer wieder aufs Neue ein: „Freut euch, die ihr jetzt weint! Bald werdet ihr lachen.“
Datum: 25.04.2007
Autor: Roman Angst
Quelle: Bahnhofkirche Zürich