Appell an das soziale Gewissen der Evangelikalen
Bild: Afrikanischer Chor
Zur Tagung hatte der Schweizer Zweig der weltweiten Aktion „StopArmut“ eingeladen, welcher der Evangelischen Allianz nahe steht. Dabei wurden auch vier Projekte eines Wettbewerbs für beispielhafte und zukunftsweisende Projekte zur Behebung der Armut ausgezeichnet.
Missionsbefehl nicht verkürzen
Der Missionsbefehl, so Ramachandra, rufe nicht allein zur Bekehrung auf, sondern auch zur Veränderung der gesellschaftlichen Zustände. Nicht nur die Rettung des Einzelnen sei der Auftrag von Jesus Christus, sondern auch Frieden und Gerechtigkeit. Der Auftrag, alle Menschen zu Jüngern zu machen, sei ein Mandat zur Veränderung der Gesellschaft weltweit. Gerade die „Bibeltreuen“ lesen – so die Kritik von Ramachandra – die Bibel selektiv und leiten ihre Theologie von biblischen Aussagen ab, die sie aus dem Zusammenhang reissen.
Der Einzelne könne, so Ramachandra, mehr zur Veränderung leisten, als man für möglich halte. Er verwies dabei auf die farbige Amerikanerin Rosa Parks hin, deren ziviler Ungehorsam zum Busboykott der Schwarzen in der Stadt Montgomery und schliesslich zur Aufhebung der Rassentrennung geführt habe. Um Menschenrechte müsse man nicht bitten, sondern solle sie bei den Herrschenden einfordern.
Radikale biblische Forderungen
Ramachandra verwies dabei auf das dritte Buch Mose, das den Anstoss für die Entschuldigungsaktion Jubilee 2000 gegeben habe. Das Beispiel zeige, dass die Bibel radikale Forderungen enthalte, deren sich gerade die Christen oft nicht mehr bewusst seien. Oft seien es Nichtchristen, die zuerst auf urbiblische Forderungen hinwiesen. Erst danach entdeckten es auch Christen wieder.
Das Soziale lasse sich nicht vom Spirituellen trennen, so sein Vorwurf an die Evangelikalen. „Die Gesellschaft ist auch in uns, nicht nur um uns herum.“ Er rief die Evangelikalen auf, ihr Menschenbild zu überdenken.
Christen sollen kritische Bürger sein
Kareen Ramachandra, die Ehefrau von Vinoth, ermutige die Schweizer Christen in einem zweiten Referat, die Aussenpolitik ihres Landes, die gegenwärtigen Handelspraktiken und das Kreditwesen gegenüber der dritten Welt kritisch zu betrachten. Insbesondere die Schweizer Banken und die Pharmaindustrie spielten weltweit gesehen eine problematische Rolle.
Das Mittagessen fand in der einmaligen Form eines „Weltmahls“ statt. Vier Teilnehmende genossen dabei ein üppiges, reiches Essen, ein weiterer Teil ein normales und ein dritter Teil erhielt lediglich eine karge Mahlzeit. Im anschliessenden Abendmahl wurden jedoch gerade die „Armen“ reichlich versorgt.
Wettbewerbsgewinner ausgezeichnet
Der von StopArmut 2015 lancierte Projektwettbewerb für beispielhafte Projekte wurde vom Projekt Onesimo gewonnen. Eine Familie aus einer Basler Freikirche baute in den Slums von Manila eine Arbeit unter Kindern und Jugendlichen auf und ermöglicht ihnen damit eine bessere Zukunft.
Mit der StopArmut2015-Kampagne rufen die evangelikal geprägten Hilfswerke der weltweiten Evangelischen Allianz die Regierungen auf, die Milleniumsziele, insbesondere die Halbierung der weltweiten Armut, zu verwirklichen. Diese wurden von den Regierungen der UNO-Mitgliedsländer im Jahr 2000 in acht Punkten formuliert.
In der Schweiz wurde die Aktion vom Hilfswerk Tear Fund lanciert, unterstützt von weiteren Organisationen. Die Aktion will nach den Absichten der Projektverantwortlichen auch das gesellschaftlich-soziale Bewusstsein der Evangelikalen schärfen. Eine Reihe von Workshops trug an der Tagung dazu bei. Sinnigerweise wurde das Musikprogramm durch eine Gruppe afrikanischer Christen gestaltet.
Datum: 19.10.2005
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet.ch