Kommentar zum 1. August

Eidgenössischer Patriotismus und die EU

Rettungsschirme lassen den Euro am Abgrund taumeln und offenbaren den Geburtsfehler der europäischen Währungsunion. Wenn in der Schweiz überhaupt noch über einen EU-Beitritt diskutiert wird, dann fällt das ins Gewicht.
Schweizer Kreuz

Zum 1. August verdient die Eidgenossenschaft mehr Patriotismus. Die Frage ist, was ihn nährt. Dem Projekt eines geeinten Europa, aus den Weltkriegskatastrophen erwachsen, verdankt die Schweiz zwar auch ihren Wohlstand. Ohne die Stabilität der letzten Jahrzehnte hätte sich der rohstoffarme Alpenstaat nicht emporarbeiten können. Doch wir schätzen Europa nicht nur, weil wir in der Nachbarschaft gut verkaufen. Wir sind Europäer, auch ohne EU-Mitgliedschaft. Die europäische Idee (Macht soll Gerechtigkeit und Freiheit dienen) steht – wie die Eidgenossenschaft – auf einem christlichen, abendländischen Fundament.

Die Idee Europa leidet einerseits, weil säkulare Gesellschaften, masslos wie sie sind, diese Grundlage leugnen und beschädigen. Anderseits verwirklichen Politiker und Bürokraten mit der in Brüssel konzentrierten Superstruktur nicht die ersehnte europäische Bürgergesellschaft.

Gewiss muss die Schweiz auf dem bilateralen Weg viel einstecken und nachvollziehen. Doch als Kleinstaat hätte sie auch als EU-Mitglied wenig auszurichten. Die EU-Entscheidungsmechanismen wandeln sich. Die Hebel kleinerer Länder werden kürzer, ihre Mitwirkungskraft nimmt ab. In mehr Bereichen soll mit qualifiziertem Mehr entschieden werden. Der helvetische Staatsaufbau von unten – starke Kantone, direkte Demokratie – bringt es mit sich, dass es oft gar keine zentrale Schweizer Stimme gibt. Das bedeutet, dass die Schweiz im EU-Klub sogar als richtiges Mitglied nicht richtig mitreden könnte. EU-kompatibel könnte sich die Schweiz nur durch Einschränkung der direkten Demokratie machen.

«Im Namen Gottes des Allmächtigen.» Die Worte über der Bundesverfassung stehen in einem bedenklichen Kontrast zum Verhalten vieler Schweizer in Staat, Gesellschaft, Wirtschaft, Medien und Kultur. Selbstgefälliges und eigenmächtiges Handeln untergräbt das Vertrauen, auf das ein Gemeinwesen, das Freiheit kultivieren will, angewiesen ist. Politische Rechte haben wir wie Bürger keines anderen.

Die Eidgenossenschaft hat ein Doppelgesicht. Es entspricht der Spannung zwischen ihren christlich-abendländischen Grundwerten und säkularer Freiheit, wuchernd in einer Geniesser- und Profit-Mentalität.

Diese Spannung gibt Christen in der Schweizer Gesellschaft eine Wegweiser-Funktion. Verzagtheit muss nicht sein. Doch ohne Ehrfurcht vor Gott, der seine Hand über der Eidgenossenschaft gehalten hat, schwindet das Bewusstsein für das Kostbare und Einzigartige des Staates mit dem weissen Kreuz im roten Feld.

Der Allmächtige macht frei. Er steht mit seinen Geboten und seinem Willen zum unverbrüchlichen Bund den eidgenössischen Werten Pate. Die Besinnung auf diese Werte gibt Mut, über 2010 hinaus die Schweiz in Europa zu gestalten – nicht eigenwillig, doch eigenständig.

Datum: 01.08.2012
Quelle: Livenet

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