«Fertig mit Korruption»

Tschechien: Christen aktiv bei Demonstrationen

Die Tschechische Republik erlebt die grössten Demonstrationen seit der Samt-Revolution. Im Aufstand gegen die mutmassliche Korruption des Premierministers sind auch Christen engagiert.
Hunderttausende demonstrieren in Prag gegen Premierminister Andrej Babi

Hunderttausende gingen am letzten Wochenende in Prag auf die Strassen und forderten den Rücktritt von Premierminister Andrej Babi. Es handelt sich hier um die grössten Demonstrationen im Land seit 30 Jahren. Die Bürgerbewegung beschuldigt den Premier des Betruges und der illegalen Nutzung von EU-Geldern. Mehr als 400'000 Menschen haben in einer Petition bereits seinen Rücktritt gefordert. «Wir haben genug» und «Schande, Schande, Schande», waren einige der Rufe, die in Prag zu hören waren.

«Sogar Tschechen fangen an zu beten»

Jozef, ein evangelikaler Christ, erklärte gegenüber «Evangelical Focus»: «Ich habe an der Sonntagsdemo mit einer ganzen Gruppen von christlichen Freunden mitgemacht. Ich weiss auch von vielen anderen Freunden – Christen und Nichtchristen – die dabei waren oder die Demos von daheim unterstützen.» Und weiter: «Trotz heissem sonnigem Wetter standen die Leute fast 3 Stunden lang – Leute jeden Alters und auch viele Familien mit Kindern». Auf einem Banner hiess es «Die Lage ist so schlimm, dass sogar Tschechen anfangen zu beten.»

Riesiger Interessenkonflikt

Was sind die Gründe für die massive Demonstration? Jozef erklärt: «Die Leute haben einfach genug von den gewaltigen Interessenkonflikten des Premierministers – als Politiker, Geschäftsmann und Medienbesitzer zur gleichen Zeit.» Premier und Ex-Kommunist Andrej Babi ist heute der zweitreichste Mann des Landes. «Die Leute mögen auch seine Arroganz nicht und seine vorgetäuschte Naivität, wenn er immer wieder betont, dass er nicht versteht, was denn das Problem ist», ergänzt Jozef.

Der Premierminister geht sogar so weit, dass er alle Untersuchungen gegen seine Geschäfte als «Angriff auf die Tschechische Republik» brandmarkt. Jozef: «Das ist einfach nicht akzeptabel. Jede legitime Sorge gegen seine Interessenkonflikte wird von ihm als schlechte Kampagne gegen ihn persönlich bezeichnet.»

Christen schon früher zentrale Figuren

Jiri Unger, Leiter der Tschechischen Evangelischen Allianz, erklärt, dass immer wieder Christen in Anti-Korruptionsprotesten führend gewesen sind. So sei Mikulás Minár, die Hauptstimme und der Leiter einer Bewegung mit Namen «Millionen von Momenten für die Demokratie», auch einer der Initianten der gegenwärtigen Proteste. Er ist ein Mitglied der Freien Evangelischen Gemeinden (Církev bratrská). Auch andere Christen, einschliesslich des früheren Dissidenten und gegenwärtigen katholischen Bischofs Václav Maly, sind führende Figuren in den Demonstrationen.

Obwohl der Premier ein Misstrauensvotum im Parlament überstanden hat, sind für den 16. November weitere massive Proteste geplant. «Niemand weiss, was sich im Sommer ändern kann, aber sehr wahrscheinlich werden die Proteste in den nächsten Wochen anhalten», sagt Jiri Unger.

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Datum: 01.07.2019
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Evangelical Focus / ergänzt Livenet

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