«Unerträgliches Leiden»

Niederlande: Euthanasie auch für Kinder unter 12 Jahren

Die Niederlande bereiten die Möglichkeit vor, dass auch für Kinder unter zwölf Jahren die Tötung auf Verlangen legal wird. In einem Brief ans Parlament verlangte Gesundheitsminister Hugo de Jonge die Ausweitung der bisherigen Regelung. 
Kinder im Krankenhaus

In den beiden letzten Jahren sind von der Regierung Studien erstellt worden, um die Frage zu klären, ob Euthanasie auch für Kinder unter zwölf Jahren ermöglicht werden solle. «Die Studie zeigt, dass Ärzte und Eltern von unheilbar kranken Kindern die Notwendigkeit sehen, deren Leben aktiv zu beenden – Kinder, die hoffnungslos und unerträglich leiden und in der vorhersehbaren Zukunft sterben werden», heisst es in dem Brief.

In der Studie wurden 38 Ärzte befragt, die in den letzten fünf Jahren unheilbar kranke Kinder behandelt haben. Bei 46 der Patienten waren die Ärzte der Meinung, dass Sterbehilfe die bessere Alternative zu den zurzeit bestehenden Behandlungsmöglichkeiten gewesen wäre. Laut der Studie kommen fünf bis zehn Kinder in den Niederlanden jährlich für aktive Sterbehilfe in Frage.

«Unerträglich leiden»

Anders als in Deutschland, wo der Begriff seit der Nazi-Zeit verpönt ist, gilt «Euthanasie» in den Benelux-Staaten bei vielen als positiv besetzt. In den Niederlanden ist die aktive Sterbehilfe an all jenen erlaubt, die «unerträglich» leiden. Dabei ist aktive Sterbehilfe bisher nur für Minderjährige zwischen 12 und 16 Jahren und für neugeborene Babies (mit Zustimmung der Eltern) gestattet. Für Kinder unter zwölf Jahren ist Euthanasie bisher verboten, da Kinder in diesem Alter als «äusserungsunfähig» gelten – eine wichtige Voraussetzung für Sterbehilfe. Ab 16 Jahren braucht es nur den Wunsch des Patienten.

«Unglaublich böse»

Lebensschutz-Organisationen laufen Sturm gegen die erneute Ausweitung der Euthanasie-Gesetze. So nennt Lila Rose von der Pro-Life-Gruppe Live Action den Ansatz, auch Kinder töten zu dürfen, «unglaublich böse» («unbelievably evil»). Niederländische «Todesärzte» nutzten die Grauzonen bestehender Gesetze als Entschuldigung, die Gruppe der «Tötbaren» immer mehr zu erweitern.

«Das System ist entgleist»

«In den Niederlanden wurde eine Tür geöffnet, weg von einer Kultur des Sterbens hin zu einer Tötungskultur», sagt Susanne Kummer vom Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik (Imabe) in Wien bereits vor einigen Jahren. «Das System ist entgleist», bestätigt auch Psychiater Boudewijn Chabot, der lange als Befürworter und Vorkämpfer des Euthanasiegesetzes seines Landes galt. Heute ist Chabot entsetzt darüber, dass neben Alten und Todkranken immer mehr psychisch- und demenzkranke Menschen von Ärzten getötet werden. Während 2009 zwölf Fälle aktiver Sterbehilfe bei Dementen gezählt wurden, waren es 2016 bereits 141. Bei psychiatrischen Pa­tienten stieg die Zahl von Null auf 60. «Ich weiss nicht, wie wir den Geist wieder in die Flasche zurückbekommen», sagt Chabot.
 

Datum: 25.10.2020
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: CBN News / uni-muenster.de

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