Südasien: Keine Zeit zum Klagen
Katastrophale Zerstörungen hat das Seebeben im äussersten Süden Thailands hervorgerufen. "Sechs Provinzen sind von den Wasserfluten zerstört, die Strände Kilometer lang vernichtet, Wellen von bis zu zehn Meter Höhe sind über die überfüllten Strände hinweggerollt." So schilderte Salesianerschwester Agnese Rangabpit Nipha aus Surat-Thai im äusserten Süden Thailands am Montag in einem Interview dem katholischen Missionsdienst asianews in Rom die Lage.
Noch nie so etwas erlebt
"So etwas haben die Menschen hier noch nie erlebt", betonte die Ordensfrau, die nahe der Grenze zu Malaysia eine Schule leitet. In die am stärksten betroffenen Zonen seien die Kontakte derzeit unmöglich. "Ehemalige Schülerinnen haben mir berichtet, die Flugwelle habe bis zu 30 Stock hohe Häuser zerstört." Derzeit sei Hochsaison, und Tausende von Touristen seien von der Katastrophe überrascht worden. Die Salesianer in Thailand hätten ihre Einrichtungen für Flüchtlinge und Obdachlose geöffnet, so Schwester Agnese.
"Keiner fragt nach den toten Fischern"
Kritik an der Berichterstattung europäischer Medien aus Thailand äusserte der italienische Missionar Piergiacomo Urbani. "Alle interessieren sich nur für die Touristengebiete, für die Insel Phuket, für ausländische Opfer, aber keiner fragt nach den toten Fischern", sagte er in Bangkok. Das Seebeben habe entlang der ganzen Küste Süd-Thailands, an der Tausende Fischer lebten, schwere Verwüstungen angerichtet. Auch die Regierung habe sich mit keinem Wort über das Schicksal der Fischer geäussert.
Zuvor hatte das Gesundheitsministerium in Bangkok erklärt, wenigstens 50 Ausländer unterschiedlicher Nationalität seien durch die Flut ums Leben gekommen. Darunter seien auch Italiener, Briten, Iren, Spanier sowie Deutsche. Insgesamt nannte der Politiker für Thailand eine Zahl von 800 Toten, darunter 300 auf Phuket.
1.500 Kilometer Küste in Südindien verwüstet
Katastrophale Schäden werden auch aus Südindien berichtet: "1.500 Kilometer Küste sind verwüstet", so Erzbischof Michael Augustine von Pondicherry-Cuddalore. Zahllose Dörfer seien zerstört und ganze Familien ausgelöscht worden. Alle Hilfseinrichtungen seiner Diözese, die rund 150 Kilometer südlich von Madras in der am stärkten von der Flutkatastrophe betroffenen Region liegt, seien für die Katastrophenhilfe mobilisiert worden.
In Cuddalore stünden die Menschen unter Schock, nachdem rund 50 kleine Dörfer von den Wassermassen weggespült wurden, berichtet der Erzbischof. Eine protestantische Kirche in Chinglepeth, nicht weit von seiner Kathedrale entfernt, sei dem Erdboden gleichgemacht worden. "Wenigstens 100 Menschen, die sich gerade zum Sonntagsgottesdienst versammelten, kamen ums Leben".
Hoffen auf Überlebende
Aber es bleibe "keine Zeit zu klagen und trauern, wir haben eine Aufgabe", so der Erzbischof. "Die ganze Diözese organisiert sich für die Hilfsarbeit: Alle Priester haben sich in die am stärksten betroffenen Gebiete begeben, um Medizin zu verteilen. Wir hoffen, dass wir noch Überlebende finden. Viele Menschen sind spurlos verschwunden." Alle Pfarreigebäude und Konvente seien geöffnet worden, um Obdachlose aufzunehmen und um Lebensmittel, Kleidung und Trinkwasser zu verteilen. "In einigen Dörfern haben wir bereits auch provisorische Unterkünfte errichtet."
Besonders gefährlich sei, dass die Flutwelle das Trinkwasser verseucht habe, zudem fehle es an Lebensmitteln, so der 71-jährige Erzbischof. Die Ordensschwestern von Pondicherray und von Cuddalore hätten Frauen und Kinder in ihren Klöstern und Konventen aufgenommen. "Ich habe den Behörden mitgeteilt, dass unsere medizinischen Hilfseinrichtungen allen Opfern der Katastrophe zur Verfügung stehen."
Datum: 28.12.2004
Quelle: Kipa