Sogar im Gefängnis

Ein Kurs geht um die Welt

Er gilt weltweit als der meistverbreitete Einführungskurs in den christlichen Glauben: der Alphakurs (in der Schweiz: Alphalive-Kurs). Was ist das Geheimnis seines Erfolges?
Werbung für Alphalive-Kurse

Die Zahlen sind beeindruckend: Mehr als 23 Millionen Menschen in 169 Ländern und 112 Sprachen haben den Alphalive-Kurs bereits absolviert. Damit gilt er als der populärste Sinnsucherkurs weltweit. Dabei ist das Konzept eigentlich recht unspektakulär. Die Teilnehmer treffen sich rund drei Monate lang einmal in der Woche. Sie essen gemeinsam, hören ein Referat zu einem biblischen Thema und diskutieren in Kleingruppen über den Inhalt. Zum Kurs gehört in der Regel auch ein Wochenende, das die Teilnehmer einander näherbringt und Raum gibt, Erfahrungen mit dem Heiligen Geist zu machen. Das letzte Treffen ist ein Fest, zu dem Gäste eingeladen werden, die noch keine Christen sind. Das Ziel: Teilnehmer für den nächsten Alphalive-Kurs zu gewinnen.

Ein Jurist und Pfarrer machte Alpha bekannt

Entstanden ist der Alphakurs vor 36 Jahren in der anglikanischen Gemeinde Holy Trinity Brompton in London. Der internationale Boom setzte ein, als der ehemalige Rechtsanwalt und ordinierte Pfarrer Nicky Gumbel die Arbeit 1990 übernahm. Er überarbeitete den Kurs, der für interessierte Nichtchristen sowie für Anfänger im Glauben gedacht war, und leitete ihn in der Gemeinde fortan selbst. Gumbels sympathische Erscheinung, sein lebendiger Redestil und die überzeugende Argumentation des Juristen und Theologen zogen die Massen an. Dadurch verbreitete sich der Kurs wie ein Lauffeuer im Land und bald darauf auch über die Insel hinaus.

In der Schweiz wurden die Alphalive-Kurse durch Rachel und Martin Stössel verbreitet, die unter dem Dach von Campus für Christus auch die Alphalive-Arbeit bis heute leiten. Gerade in diesem Jahr wurde das Erscheinungsbild angepasst. Unter dem Titel «Gott erleben» werden Alphalive-Kurse heute an über 300 Orten angeboten. Sie werden für immer neue Bereiche angepasst, so für Jugendliche oder als spezielle Kurse in der Arbeitswelt.

Mit bösen Buben die Bibel lesen

Der Alphakurs ist längst nicht mehr nur ein Phänomen in bürgerlichen Kreisen. Gewissermassen als eine Massnahme zur Resozialisierung werden sie in England bereits seit einigen Jahren auch in Gefängnissen angeboten. Einer, dessen Leben durch den Alphakurs eine neue Richtung bekam, ist Shane Taylor. Er war wegen zweifachen versuchten Mordes verurteilt worden. Im Gefängnis zettelte er immer wieder Aufstände an. Meist sass er in Einzelhaft. Im Innenministerium galt er als einer der sechs gefährlichsten Gefangenen des Landes. Doch dann geriet er in der Haftanstalt Long Lartin in South Littleton eher aus Versehen in einen Alphakurs. Er sollte ein Bildungsangebot besuchen. Weil er dort aber nicht auf der Liste stand, schickte man ihn in die Kapelle. Dort lief gerade der Alphakurs. Er setzte sich für einen Moment in die hintere Reihe und überlegte, ob er wieder gehen sollte, als ein Mitgefangener ihm sagte, es lohne sich zu bleiben – wegen des kostenlosen Kaffees und der Kekse. Taylor blieb.

«Gott, wenn du real bist, komm in mein Leben …»

Die Botschaft von der Vergebung sprach ihn an. «Ich hatte immer gedacht, dass es gute und schlechte Menschen gibt. Ich dachte, ich war schlecht, also würde ich auf jeden Fall in die Hölle kommen, egal was ich tat.» Ein paar Wochen später betete der Pastor für ihn. «Ich kam mir blöd vor. Doch er bat mich, ebenfalls zu beten. Und ich sagte einfach: 'Gott, wenn du real bist, dann komm in mein Leben, weil ich es hasse, wie ich bin.' Dann begann ich eine Energie in meinem Bauch zu spüren. Meine Augen wurden feucht, und ich heulte und heulte einfach immer weiter. Ich wusste in dem Moment, dass Gott real war.» Inzwischen ist Shane Taylor seit sieben Jahren auf freiem Fuss, ohne wieder kriminell geworden zu sein. In Deutschland werden derzeit in sieben Gefängnissen regelmässige Alphakurse angeboten. Immer wieder erreichen Alexander Castell und sein Team von Alpha Deutschland Berichte von ehemaligen «Knackies», die sich bedanken. Dank des Alphakurses habe sich ihr Leben von Grund auf geändert. Einige engagieren sich inzwischen auch selbst in der Gefängnisarbeit.

Richtige Mischung aus Geselligkeit und Lehre

Was genau aber macht den Alphakurs so attraktiv? Der deutsche Gemeindewachstums-Forscher Prof. Dr. Michael Herbst nennt mehrere Aspekte. Zunächst sei da die richtige Mischung aus Geselligkeit und Lehre, die ihn von anderen Kursen unterscheide: «Die gemeinsame Mahlzeit zu Beginn ist sicher eine gute Möglichkeit, um das Eis zu brechen.» Auch die Art der Präsentation von Inhalten komme den Gewohnheiten heutiger Menschen entgegen. So würden die Teilnehmer nicht «angepredigt». Stattdessen kämen Videosequenzen zum Einsatz. Viel passiere in Gruppengesprächen. Die Erfahrung zeige, dass Gemeinden beim ersten Alphakurs oft vor allem Leute aus der eigenen Gemeinde erreichten. Das sei aber normal, sagt Herbst. Zum einen sei es legitim, wenn sich Gemeindemitglieder und -mitarbeiter im eigenen Glauben vergewissern wollten. Zum anderen wollten manche Christen den Kurs auch erst mal selbst testen, bevor sie ihre nichtchristlichen Freunde dazu einladen: «Wer dann sagt, 'das war gut', der bringt auch seine Freunde mit.»

Datum: 21.07.2014
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / idea Deutschland

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