Durch den Glauben können Muster durchbrochen werden
Mathias und Ruth Frei, was genau tut der Verein
Horizont in Rumänien?
Mathias Frei: Wir arbeiten unter Romas. Ein einheimischer
Mitarbeiter ist zu 100 Prozent angestellt und ehrenamtliche Mitarbeiter helfen
bei den wöchentlichen Programmen mit Aufgabenhilfe, Kindergarten,
Kindernachmittag, Teenieabend, Gottesdienst und Hauskreisabend. Bei Hausbesuchen unterstützen sie insbesondere
Familien, die in schwierigen Umständen leben, mit Medikamenten, Arztbesuchen,
Kleidern und Lebensmitteln.
Was sind die bisherigen Meilensteine bei der Arbeit
vor Ort?
Ruth Frei: Vor ein paar Jahren konnten wir ein Grundstück von
etwa 1'200 Quadratmetern mit einem Zwei-Zimmerhaus kaufen. Der Estrich wurde
ausgebaut und ein Anbau erstellt, bestehend aus Wohnküche, Wohn- und Schlafzimmer,
Bad und Keller. Der Anbau wird von einer Roma-Familie bewohnt, die
Abwartsdienste verrichtet, und er wird teilweise auch für die Programme genutzt.
Dazu kommen verschiedene Einsätze von Schweizer Gruppen für Evangelisation und Bauarbeiten, die für alle Beteiligten stets eine Bereicherung ist. Ein Höhepunkt ist jedes Jahr das Sommercamp in Parajd für Teenager und ältere Kinder.
Welche Aktionen und Projekte wurden zuletzt realisiert
und was ist als nächstes geplant?
Mathias Frei: Im letzten Jahr konnten wir einen Pavillon neu bauen.
Im Erdgeschoss entsteht ein offener, abgedeckter Spielplatz und darüber ist ein
grosser Gruppenraum. Innenausbau und Einrichtung des Spielplatzes können
realisiert werden, sobald genügend Geld vorhanden ist. Dieser Neubau wurde
notwendig, weil die wachsenden Kinder- und Jugendgruppen im bestehenden Raum zu
wenig Platz hatten.
Wie offen sind die Menschen in Rumänien für Jesus
Christus?
Ruth Frei: Zur Zeit des Kommunismus, so berichtete unser
Mitarbeiter Sandor, mussten die christlichen Gemeinden sich im Versteckten zu
Gottesdiensten treffen. Die Gläubigen waren deshalb stärker auf die Gnade
Gottes angewiesen; sie «brannten» von ganzem Herzen für Jesus, ihren Erlöser.
Heute können die Gläubigen frei und ohne Angst Gottesdienste halten, aber
leider ist das Feuer der Begeisterung in vielen Christen am erlöschen. Missionswerke, wie auch das unsere, leiden darunter,
dass sich viele Romas stärker für die Hilfsgüter interessieren als für Jesus.
Jedoch die Kinder kommen begeistert in die christlichen Programme. Sie freuen
sich am Singen, Beten und an den biblischen Geschichten. Sie fühlen sich
auch mit ihren Nöten ernst genommen.
Was bewegt euch bei eurer Arbeit besonders?
Mathias Frei: Wir sind immer wieder schmerzlich berührt über die
Schicksale der Teenager. Viele brechen frühzeitig die Schule ab; entweder, weil
sie im Ausland Geld verdienen wollen, oder weil die Mädchen zu ihrem Freund
ziehen und oft schon mit 17 Jahren ein Kind haben. Es herrscht unter ihnen eine
grosse Hoffnungslosigkeit im Blick auf ihre Zukunft. Die Romas können fast nicht aus ihren destruktiven
Traditionen ausbrechen und viele Familien sind zerrüttet und leben im Streit
oder getrennt. Alkohol und Arbeitslosigkeit ist unter ihnen ein grosses
Problem. Mit unseren Mitarbeitern zusammen versuchen wir, diese Muster zu
durchbrechen, was letztendlich nur durch den wahren Glauben an Jesus möglich
ist.
Ana Seematter, mit Ihnen ist eine gebürtige Rumänin im
Vorstand, wie erleben Sie die Arbeit?
Ana Seematter: Ich erlebe die
Arbeit mit dem Schweizer Team sehr angenehm. Die Vorstandsmitglieder engagieren
sich mit viel Liebe für die Romas und waren schon selber in Rumänien. Einzelne
Vorstandsmitglieder pflegen auch freundschaftliche Beziehungen zum rumänischen
Team.
Welche Anliegen sind Ihnen besonders wichtig?
- Die rumänischen Mitarbeiter vor Ort können die Bedürfnisse der Kinder, Teenager und Erwachsenen besser verstehen als wir Schweizer. Es ist aber wichtig, dass sie durch unseren Verein weiterhin unterstützt werden.
- In den Sommercamps, die jedes Jahr durchgeführt werden, können die Jugendlichen die Gegenwart und Liebe Gottes immer besonders spüren. Es ist mir ein Anliegen, dass sie aber auch im Alltag die Beziehung zu Gott pflegen und Schritte im Glauben machen.
- Die Aufgabenhilfe durch Sandor ist ein sehr wichtiger Teil der Missionsarbeit. Wer gut geschult wird, hat heutzutage für das Leben bessere Zukunftsperspektiven.
Wie hat sich Ihre Heimat geistlich gesehen in den
letzten Jahren verändert?
Die Entwicklung
in den letzten Jahren hat sich stark verändert. Viele Jugendliche sind sehr
desorientiert und verunsichert. Die materielle Ausrichtung wurde auch in
Rumänien immer wichtiger. Deshalb brechen viele Kinder die Schule frühzeitig
ab, um im Ausland Geld zu verdienen. Sehr viele Rumänen sind bereits
ausgewandert. Die christlichen Gemeinden, die nach dem Kommunismus fast wie
Pilze aus dem Boden schossen, werden deshalb immer kleiner, und es droht
ihnen die Schliessung. Umsomehr wachsen aber die rumänischen Gemeinden im
Ausland. So wächst doch Frucht, die in ihrer Heimat gesät wurde.
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Verein Horizont
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Datum: 25.08.2019
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet