Die Hilfswerke und der Proselytismus-Vorwurf
Religiös orientierte Hilfswerke sind weltweit ein wichtiger Faktor, und sie leisten in einigen Bereichen wie der Gesundheitsversorgung mehr als etwa die Uno. Die Uno-Vertreterin an der Konferenz vom 24. bis 25. Mai auf dem Bienenberg sprach von einem Anteil von 30 bis 70 Prozent, darunter auch zahlreiche muslimische Hilfswerke. Die Uno hat sich erst vor kurzem für eine Zusammenarbeit mit Faith Based Organisations (FBO), also glaubensbasieren Organisationen geöffnet und bezieht sie vermehrt in ihre Arbeit ein, zum Beispiel mit runden Tischen. Sie hat auch gemerkt, dass sie in sensiblen Bereichen erfolgreicher sind als eine säkulare Organisation, weil die Menschen auf ihre religiösen Leiter hören, wie Azza Karam, ägyptische Muslima und Chefberaterin beim Uno Entwicklungsfonds (UNFPA), erklärte.
Wichtige Player
Christliche Hilfswerke sind unter den religiösen weltweit die wichtigsten, und sie bemühen sich zu zeigen, dass sie besondere Stärken gegenüber säkularen Organisationen haben, insbesondere einen besseren Zugang zu den Menschen und die Möglichkeit, die Sprache des Glaubens zu sprechen.
Missionierung ist tabu
Nun sehen sie sich aber aus westlicher Sicht dem Verdacht ausgesetzt, Hilfseinsätze und Entwicklungsarbeit zu «missbrauchen», um «Proselyten» zu machen. An ihnen liegt es nun, gegenüber Behörden und staatlichen Organisationen wie zum Beispiel der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA klar zu machen, dass sie ihre Projekte nicht dazu nutzen, um Gemeinden zu bauen oder neue Mitglieder für eine Kirche anzuwerben. Evangelistische Arbeit ist da ohnehin ein Tabu, wie DEZA-Abteilungsleiter Konrad Specker auf einem Podium deutlich machte.
Shalom für alle
Sheryl Haw, Direktorin von Micah Challenge International, findet in dieser Situation wohl den richtigen Ton. Sie sagt, dass christliche Hilfswerke dem Wohl des ganzen Menschen dienen sollen im Sinne von Shalom, dem umfassenden Wohl des Menschen. Sie spricht von «Integraler Mission» und will Glaube und Tat nicht voneinander trennen. Es dürfe nie darum gehen, den Menschen in einem Empfängerland den Glauben aufzudrängen. Es müsse aber erlaubt sein, ihn mit anderen zu teilen, wenn sie damit einverstanden sind. Sie brachte auf dem Podium ein eindrückliches Beispiel. Sie wurde in einem afrikanischen Land zu einem kranken Imam gerufen. Weil sie aber keine Medikamente bei sich hatte, bot sie an, mit ihm zu beten. Er und seine Familie waren dazu bereit. Sie betete und er wurde geheilt. Sie warnt aber auch davor, den Glauben allein ins Private abzudrängen, wie es in den westlichen Ländern gegenwärtig geschieht. Das Evangelium habe vielmehr die Würde und das Wohl aller Menschen im Blick.
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Datum: 30.05.2016
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet / idea Spektrum Schweiz