Franziskus hat zu viele Konzessionen gemacht
Abu Dhabi's rund eine Million christlicher Arbeitssklaven – man muss sie ehrlich so benennen – geniessen zwar im Unterschied zum benachbarten Saudi-Arabien eine bescheidene Kultfreiheit, durften eine Handvoll Kirchen bauen und werden nicht ausgepeitscht, wenn sich bei ihnen eine Bibel oder ein Rosenkranz findet. Doch sie leben – wie sogar die Muslima Dunja Ramadan bestätigt – «unter unmenschlichen Bedingungen, in einer Welt der Schatten». Ihre Familien sehen sie oft jahrelang nicht. Entscheidend ist, wann der Arbeitgeber den Pass herausrückt.
Christliche Überzeugungen geopfert
Über dieses Elend wurde nun die Papstvisite als glanzvolle Verhüllung gebreitet. Viele Beobachter meinten, der Abstecher von Franziskus an den Golf gelte in erster Linie als Auszeichnung für den dort unter schwersten Bedingungen wirkenden Schweizer Bischof Paul Hinder. Auch dann als eine durchaus ehrlich gemeinte Solidaritätsgeste mit den christlichen Untermenschen von Abu Dhabi. Auch als der Papst in seiner Abschiedsrede die Mahnung hinterliess, «niemand kann der Herr oder Sklave anderer sein».
Die eigentliche Tragik des Papstauftrittes an der alten Piratenküste liegt aber nicht in der sicher unbeabsichtigten Duldung und Aufwertung islamischer Machtpolitik im Emirat und seiner ganzen Umgebung bis ins kriegsgeschüttelte Jemen hinüber. Als eigentlichen Verrat an Jesus und allen Christen weltweit muss Franziskus die Unterzeichnung eines vatikanischen Paktes mit dem geistlichen Oberhaupt aller sunnitischen Muslime angelastet werden. Der Kairoer Grossscheich Ahmed at-Tajjib vom Al-Azhar war sichtlich zu diesem Zweck nach Abu Dhabi gereist. Mit ihm hatte sich der Papst schon einmal in Kairo bestens verstanden.
Der biblische Gott und der islamische Allah auf einer Stufe
Das jetzt von ihnen unterzeichnete langatmige, doch weitgehend nichtsagende Dokument enthält christliche Kapitulationen vor islamischen Ansprüchen: Zunächst einmal werden der Herr und Gott der Bibel mit Allah im Koran auf eine Stufe gestellt, was religionswissenschaftlich ein Unding ist. Darüber mögen sich jetzt die katholischen und muslimischen Theologen den Kopf zerbrechen. Auf der Hand liegen jedoch die verfälschenden Gleichsetzungen von christlicher und islamischer Friedensauffassung sowie die Akzeptanz von angeblicher islamischer Toleranz.
Was den Frieden angeht, wird dieser nach Mohammeds Auffassung erst einkehren, wenn alle Menschen Muslime geworden sind oder sich einer islamischen Herrschaft als Bürger zweiter Klasse unterworfen haben. Die Behauptung der gemeinsamen Erklärung von Abu Dhabi, ein «Dokument der Menschheits-Verbrüderung» zu sein, ist von Seiten des Azhar-Gross-Scheichs blanke Heuchelei.
Weder echter Frieden noch Religionsfreiheit
Was soll man aber über den Papst sagen? Kann man ihm entschuldigend die Naivität eines Kardinals Paolo Marella zuschreiben, der in den 1970er Jahren im Namen des «christlich-islamischen Dialogs» bei Gaddafi eine Ächtung Israels mit unterzeichnete und sich dann auf seine Unkenntnis des Arabischen berief?
Ebenso wenig wie echten Frieden lässt der Islam wahre Religionsfreiheit zu. Seine eingeschränkte Kultfreiheit für nichtmuslimische Monotheisten erschien natürlich den Aufklärern in einem Europa, wo Protestanten als Ketzer verbrannt und Wiedertäufer ertränkt wurden, als vorbildlich. Es entstand der Irrtum vom toleranten, religiös indifferenten Islam, wie es Lessing in «Nathan der Weise» mit der Parabel von den unterschiedslosen Ringen Juden- und Christentum sowie Islam ausspricht. Heute wird diese Islambeschönigung frisch aufgetischt. Wenn sich aber sogar der Papst dafür stark macht, muss ihm widersprochen werden.
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Datum: 20.02.2019
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet