Das richtige Lied zur richtigen Zeit
Jennifer Phillips setzte alles auf eine Karte und lebte Anbetung und Lebensfreude mit Leib und Seele.
Zweimal stellten sich Jury-Mitglieder gegen die scheinbar unbeliebte, langweilige Lied-Idee, worauf die Sängerin das allseits bekannte «Shackles» von Mary Mary vorschlug und damit sogleich den Saal zum Beben brachte. Oder wie Cheryl Cole meinte: «You took us to church, girl!» Du nahmst uns mit in die Kirche, Mädchen!
«Du nahmst uns mit in die Kirche!»
Apropos «Girl», das kommt nicht von ungefähr, denn bereits als kleines Mädchen sang Jennifer Phillips in der Kirche und spricht auch heute weiterhin von der Wichtigkeit ihres Glaubens.
Die in Birmingham geborene 55-Jährige begann bereits mit neun in der Kirche zu singen und bekam Gospel von Kindsbeinen an mit auf den Lebensweg. «Ich war immer sehr aktiv im Gospel-Zirkus», wie sie es in einem Interview formulierte und fügte an: «Erst als ich nach London zog, fing ich auch mit säkularen Musikern an zusammen zu arbeiten.» Ihr grosses musikalisches Vorbild ist Whitney Houston.
Kritische Stimmen führen zum stimmlichen Feuerwerk
Ihre eigenständig inspirierte Interpretation des christlichen Überhits war so voller Leidenschaft, dass die Sängerin total in Fahrt kam und die Zuhörer von ihren Sesseln kickte. Doch zuvor musste sie von der Jury vom Song überzeugt werden, und noch bei Liedbeginn stand sie scheu und unsicher, das Mikro fest-klammernd, auf der Bühne.
Aber nicht nur, dass sie selber völlig im Lied aufging, sie verwandelte die ganze Halle in eine Festgemeinde und entfachte ein zeitgemässes Anbetungsfeuer – die Leute konnten nicht anders als mitsingen.
Freude
neu definiert
Simon Cowell, der Obermacker in der Jury, sowohl verehrt wie verhasst, weil er sehr kritisch und ein Miesepeter sein kann, sagte in seiner trockenen Begeisterung: «Du definiertest das Wort Freude neu!» Worauf die Kollegin Cole meinte, dass es eines der nettesten Dinge sei, die sie ihn hatte sagen hören – und ergänzte, dass Jennifer ein Loch in der Decke hinterlassen habe.
Rita Ora, eine andere Jurorin, kriegte es fast nicht mehr hin, sich nach der «Standing Ovation» hinzusetzen: «Ich kann gar nicht mehr sitzen – du brauchst eine konstante Standing Ovation!»
Glaubenswurzeln gegen Showbiz-Stürme
Jennifer Phillips Album «All About Me» (Alles über mich) soll kein egoistisches Statement sein, sondern die Entscheidung untermauern, dass sie nun aus dem Hintergrund tritt und auch prägend sein kann; sowohl in der Musik wie im Privatleben: «Es ist Zeit, vorwärts zu gehen und mein Ding zu machen.»
Auf die Interviewfrage Tony Cummings von «Crossrhythms», wie sie mit der Gefahr umgeht, dass ihr Glaube im Mainstream-Showbiz Schiffbruch erleiden könnte, antwortete sie: «Ich weiss, wer ich in Christus bin und mein Glaube hat sich nicht durch äussere Einflüsse verändert. Zu einem gewissen Punkt verstehe ich, wenn Leute Fehler begehen beim Priorisieren, was in ihrem Leben wichtig ist, aber dies geschieht nicht nur bei Sängern oder im Showgeschäft. Es ist vergleichbar mit beruflich erfolgreichen Menschen, Wohlstand oder mit 'wichtigen Freunden', wo du plötzlich in grösseren Dilemmas oder Versuchungen steckst. Für einige ist es sehr leicht, vom Herrn wegzukommen, und in der Musikindustrie gibt es bestimmt mehr Fallen, denen man sich bewusst sein sollte.»
Dem Zuschauer bietet sich in diesem Auftrittsvideo eine äusserst eindrückliche Lektion: Wenn man sich auf das Neue, welches das Leben bereithält einlässt, kommt man in den Flow Gottes rein und kann sein ganzes Umfeld damit anstecken.
Das
Casting-Video zu «Shackles»:
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Datum: 26.08.2021
Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet