«Gott weist den Menschen in seine Schranken!»
«Gott weist den Menschen in seine Schranken», schreibt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in seinem Gastkommentar «Christ & Welt». Not lehre beten: «In der Tat ist es so, dass Menschen in besonders schwierigen oder bedrückenden Lebenssituationen sich oft auf Gott besinnen und sich im Gebet an ihn wenden. Fragen, die sich auf das Ganze des eigenen Lebens beziehen, auf seinen Sinn, auf wichtige Aufgaben und grundlegende Werte, stehen in solchen Situationen besonders deutlich vor Augen, während man sie in einem von beruflichen und familiären Pflichten ausgefüllten Alltag schnell vergessen oder verdrängen kann.» In solchen Momenten werde einem auch mit aller Macht deutlich, dass man eben nicht die volle Kontrolle über sich selbst, seine Kräfte und seine Gesundheit habe, wie man sich das gern einrede, solange im Leben alles gut gehe.
«Sonst ist der Teufel los!»
Schlimm aber wäre, wenn man nur dann an Gott denken oder glauben würde, wenn man krank, arm oder hungrig ist. «Das wäre auch schlimm. Denn die Begrenztheit unserer Existenz, unserer Macht und unserer Möglichkeiten, die uns in solchen Situationen besonders deutlich wird, trifft in Wirklichkeit auf unser Leben als Ganzes zu.»
Grundlegend sei, sich dem auszusetzen und es anzuerkennen. «Der Glaube an Gott sagt uns, dass es etwas und jemanden gibt, der vor und über uns steht.» Bischof Reinelt habe dies im Gedenken an die Dresdener Bombennacht im Zweiten Weltkrieg, auf den Punkt gebracht: «Wo immer einer in der Welt nicht mehr weiss, dass er höchstens der Zweite ist, da ist bald der Teufel los.»
Nicht zu satt für Gott
Die Krise sei durch grenzenlose Gier nach immer höheren Gewinnen an den Kapitalmärkten ausgelöst worden. Schäuble spricht von Raubbau und Masslosigkeit. «Wir brauchen Grenzen, wollen sie aber in der Regel nicht anerkennen. Und so wenig wir Grenzen im Allgemeinen anerkennen wollen, so wenig liegt es in unserer Natur, anzuerkennen, dass es etwas Höheres als uns gibt. Da scheint mir das eigentliche Problem zu liegen.» Der Glaube an Gott erinnere daran, dass solche Auffassungen immer falsch und gefährlich seien.
«Wir sind also nicht zu satt für Gott. Ausreichend erfüllt zu sein, oder um es etwas basisorientierter zu sagen, ausreichend zu essen zu haben, ist ein elementares menschliches Bedürfnis. Im Vaterunser wird darum gebetet: ‘Unser tägliches Brot gib uns heute.’ Dabei ist Mangel an Ernährung nicht einfach oder ausschliesslich ein biologisches Problem. Hunger ist entmenschlichend; er verletzt die menschliche Würde. Eine Welt, in der Hunger eine Realität für viele Menschen darstellt, kann von uns nicht hingenommen werden.» In den reicheren Teilen der Welt gehe es darum, zu erkennen, dass es gar nicht so viel ist, was wir wirklich brauchen, so Schäuble.
«Wir sind nicht allmächtig»
Schäuble empfiehlt, Verantwortung zu übernehmen und sich zu engagieren. Dies aber soll nicht dazu verführen, sich für allmächtig zu halten: «Wir haben keine vollständige Kontrolle über unsere Welt, und wir werden diese auch nie haben. Die wirklich grundlegenden Dinge in unserem Leben werden von uns empfangen, unabhängig von unserem Einkommen, von unserer Bildung oder unserer gesellschaftlichen Position.»
Für einen solchen Glauben an Gott sei man nie zu satt. «Wer auch immer wir sind, wie auch immer erfolgreich wir sind, wir sind Wesen mit Grenzen, und wir müssen das anerkennen – in unserem eigenen Interesse und im Interesse der Welt als ganzer.»
Zur ganzen Rede:
christundwelt.de
Datum: 12.01.2012
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Jesus.ch