Nina Hagens Leben zwischen zwei Silber-Buchdeckeln
Aus aktuellem Anlass der Schweizer Konzerte im September, stellen wir das Buch der Sängerin vor. Das 296-seitenstarke Buch bietet alles, was eine gute Autobiographie braucht. Humorvoll, mit sprachlichem Geschick, unterhaltsam und mit Tiefgang ist das Buch von und über Catharina alias Nina Hagen geschrieben.
Liebesbuch für den Herrgott
Mit leichter Feder erzählt sie von Beginn weg – quasi als Embryo – bis hin zur heutigen Zeit, was sie alles erlebt hat, und von Anfang an ist der positive Druck spürbar, dass sie eigentlich einfach ein grosses Liebesbuch an ihren Jesus schreiben wollte. Das hat sie auch! Jedoch zwingt sie sich immer wieder, die Biographie schön chronologisch und mit sehr persönlichen bis sogar intimen Erlebnissen zu erzählen. Auffallend ist zum Beispiel ihr betroffenes Ermahnen, dass man sie zu oft verurteilt hat und man Menschen nicht zu schnell und oberflächlich beurteilen sollte.
Intimes und Interessantes
Das Buch packt und lässt einen fast nicht mehr los. Von spirituellen Erfahrungen als Kind, über familiäre Erlebnisse, Kultur- und Künstlerszenen (Schlager und Punk), zum Religions-Trip inklusive persönlichem Guru bis hin zu ihrer Taufe im Jahr 2009 ist es eine farbige Palette, die sich süffig lesen lässt. Dabei kommt der politische Hintergrund des zweigeteilten Berlins auch nicht zu kurz.
Nina Hagen beschreibt ihre ersten sexuellen Erlebnisse genauso, wie die Erfahrungen mit Drogen oder die schmerzhaften Beziehungen mit Trennung und Scheidung. In ihrem Freundes- und Familienkreis sind Freundschaften mit dem englischen Ur-Punk Sid Vicious, Wolf Biermann (ihrem Stiefvater und persönlichen Förderer) oder Ariane, der Tochter Johnny Rottens besondere Leckerbissen.
Das Original und ihr Schreib-Stil
Pro Kapitel gibt es mindestens ein «Hallelooooooya!», was charakteristisch für ihren originellen Schreib-Stil und ihr Lebensgefühl ist.
In all der Anarchie, Sex, Drugs und Punk'n'Roll fällt die sensible Art der Schreiberin auf. Trotz schwierigen Erlebnissen behält sie stets einen positiven, wertschätzenden Blick, und so kommen dann auch ihre Schilderungen der Personen und Ereignisse rüber. Etwas zu viel könnten die vielen zitierten Bibelstellen, besonders für Kirchenferne, sein. Für einen Personen-Typ wie Nina Hagen wirkt dies jedoch authentisch. Und der evangelistische Wert ist dadurch vielleicht grad nochmals höher.
Nebst der hübschen Aufmachung mit Silber-Deckseiten, ist das Buch mit aussagekräftigen Schwarzweiss-Fotos bespickt. Sie zeigen eine Nina Hagen in unterschiedlichen Lebensphasen – meistens kein Kind von Traurigkeit, aber schon immer ein Kind Gottes.
Nina Hagen: Bekenntnisse, Pattloch-Verlag für € 18,50 / SFr. 21,90; ISBN: 978-3-629-02272-1
Als Hörbuch ist «Bekenntnisse» mit Nina Hagens immensem Stimm-Umfang mindestens so empfehlenswert!
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Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet