Im Rotlichtviertel mit Gott
Bedürftige bekommen ein warmes Mittagessen, können duschen und sich mit Kleidern versorgen. Olivier Chevalley, «Major» der Hamburger Heilsarmee, hat seinen Arbeitsplatz mitten im Vergnügungs- und Rotlichtviertel St. Pauli. Der gebürtige Schweizer stammt aus einer Heilsarmee-Familie. 1979 kam er als Orgelbauer nach Hamburg und fand hier seine Berufung als «Offizier», wie die Heilsarmee ihre ausgebildeten Geistlichen nennt.
«Wir führen einen Krieg»
In der Tagesstätte treffen sich Obdachlose, Prostituierte, Ausländer, Einsame und Suchtkranke. «Wir führen hier einen Krieg», erklärt Chevalley seinen Auftrag. «Ja, wir kämpfen gegen Alkohol, Drogen, aber auch gegen Einsamkeit, Armut – eben gegen alles, was den Menschen kaputt macht.
Dass ein Bedürftiger zur Heilsarmee kommt und plötzlich Christ wird, hat er während seiner langjährigen Tätigkeit noch nicht erlebt. «Das geht langsamer.» Veränderungen seien aber spürbar, viele Menschen würden optimistischer werden. «Sie entdecken sich in einem neuen Licht, wie Gott sie sieht.» Vor allem aber würden die Leute erleben, dass sie so angenommen werden, wie sie sind, versichert Chevalley.
Erfolgserlebnisse
Andererseits bekomme er manchmal schon den Eindruck, den Kampf nie gewinnen zu können. Deswegen werde die Heilsarmee aber niemals aufgeben. «Wir erleben hier einzelne Personen, die den Alkohol überwinden, die den Ausstieg aus Einsamkeit oder Armut finden. Es gibt schon Erfolgserlebnisse. Nicht alle Menschen nehmen Hilfe für ihr Seelenheil an, aber wir sehen, dass sich Menschen dem christlichen Glauben nähern. Sie sagen sich – da muss was dran sein und kommen so zum Glauben.» Als einen besonders schwierigen Ort für die Missionsarbeit sieht Chevalley die Reeperbahn nicht: «Als Christ authentisch zu leben, ist überall eine Herausforderung.»
Datum: 23.10.2012
Autor: Bruno Graber
Quelle: Livenet / epd