«Religiös, nicht geistlich»

Warum Konvertiten das Christentum wieder verlassen

Dass Muslime zum christlichen Glauben konvertieren, hört man immer wieder. Doch leider gibt es auch einen Trend, der weniger beachtet wird: Immer wieder drehen Konvertiten dem Christentum nach ein bis drei Jahren den Rücken zu.
George Hossney (Foto: horizonsinternational.org)

George Houssney arbeitet seit 50 Jahren mit Muslimen. Er selbst ist im muslimischen Tripoli im Libanon aufgewachsen und kam als Teenager zum Glauben an Jesus. Als er bemerkte, dass sich immer wieder Konvertiten vom christlichen Glauben abwenden, begann seine Recherche. Nach vielen Interviews, Diskussionen und Reflektieren kam er zu folgendem Schluss: «Viele Muslime werden auf religiösem Level Christen, aber nicht auf geistlichem Level.» Viele von ihnen wachsen in einer streng muslimischen Umgebung auf, eingeengt von Regeln zu Ritualen, Gebet und Koran. Sie sind so gewöhnt an das religiöse Leben, dass sie trotz der Konvertierung ihre religiösen Wurzeln nicht komplett hinter sich lassen – und zu «religiösen Christen» werden.

Unwissenheit

Das heisst nicht, dass ihre Bekehrung nicht echt wäre. Vielmehr seien viele laut Hossney zu begeistert als dass sie es sich genau überlegen. «Sie laufen in die Kirche rein und sagen: ‚Ich möchte Christ werden.‘ Der Pastor kommt und meint: ‚Das ist super, wir taufen dich nächste Woche oder nächsten Monat.‘ Aber diese Leute haben das Kreuz nicht verstanden. Sie haben Christus nicht begriffen und auch nicht, weshalb er auf die Erde kam.»

Geoge Hossney selbst traf einen Mann, der am nächsten Tag getauft werden sollte. Nach einem langen Gespräch merkte er, dass der Mann gar nicht glaubte, dass Jesus am Kreuz gestorben und auferstanden war – und er glaubte weiterhin, dass Mohammed Gottes Prophet sei. Als Hossney den Pastor des Mannes informierte, war diese so schockiert, dass er dem Mann zunächst einen Jüngerschaftkurs anbot.

Von einer Religion zur nächsten

Das Problem sei, Christen glaubten, dass wenn jemand sich entscheidet, Christ zu werden, dann wisse er, was das bedeutet. Doch Christen müssten vielmehr «sicherstellen, dass Interessierte das Kreuz verstehen, das rettende Werk Jesu und was es für sie bedeutet, alles für Jesus aufzugeben, ihm ihr Leben zu übergeben und nicht bloss eine andere Religion anzunehmen».

Auf der anderen Seite sei das Christentum für viele attraktiv, weil eben keine bestimmten Regeln bestehen, sondern immer die Gnade Jesu gepredigt würde, Rettung durch Glauben allein. «Das gibt ihnen viel Frieden», so Hossney. Doch man müsse ihnen auch erklären, dass dies keine Erlaubnis ist, so zu leben, wie es einem selbst gefällt. Manche «tun nichts mehr, sie lesen nicht mehr die Bibel, gehen nicht mehr in die Kirche und beten nicht mehr».

Glauben vorleben

Wie kann man auf diesen Trend reagieren? Laut Hossney gibt es nur eine Antwort: Jüngerschaft. «Wenn wir das Evangelium zu leicht und zu billig machen, hält es nicht lange», so empfindet es der Konvertit, der die Organisation «Horizons International» gründete, die in diversen Ländern des Nahen Ostens sowie in Nordamerika unter Studenten und Muslimen tätig ist. Man müsse am Glauben Interessierten immer vorher aufzeigen, was der Preis ist, Jesus nachzufolgen. Und dies geschehe durch Jüngerschaft. «Sie müssen verstehen, dass es eine Verpflichtung ist, Jesus für den Rest ihres Lebens nachzufolgen – und das kann man nur übermitteln, wenn man es ihnen vorlebt. Wenn ein Christ den Glauben lebt, hat er ein Gebetsleben. Er vertraut Gott in jeder Situation, spürt Freude im Herrn, die Früchte des Geistes…» Es sei aber nicht schwierig, Muslime zu erreichen. Letztlich gehe es darum, sie zu begleiten und ihnen das Glaubensleben vorzuleben.

Zum Thema:
Mehr Konvertitendenn je: «Der Islam wird zusammenbrechen»
Vorsicht vor Scheinkonvertiten: «Gemeinden, lasst euch nicht von 'unechten Bekehrten' täuschen!»
Noch Jahre später: Die Herausforderungen von Konvertiten - auch bei uns

Datum: 13.04.2020
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / Mission Network News

Werbung
Livenet Service
Werbung