Die Herausforderungen von Konvertiten – auch bei uns
Immer wieder ist in Berichten zu lesen, wie viele Muslime in der ganzen Welt aus unterschiedlichsten Gründen zum christlichen Glauben konvertieren. Auf der Liste der Länder, in denen das Christentum am schnellsten wächst, stehen laut Operation World drei muslimische Staaten: Iran, Afghanistan und Gambia.
Kirche erfüllt Erwartungen nicht
Doch was geschieht mit all diesen Konvertiten? Viele von ihnen kehren früher oder später wieder zum Islam zurück. Der Grund: Sie verlassen nicht einfach nur die Moschee, um jetzt in die Kirche auf der anderen Strassenseite zu gehen. Abgesehen von drohender Verfolgung an vielen Orten dieser Welt, bedeutet die Konvertierung in jedem Fall, dass sie ein enggewobenes soziales und kulturelles Netzwerk ihrer muslimischen Gemeinschaft hinter sich lassen. Sie verlieren Freunde, oftmals die eigene Familie. Wenn die Kirche ihnen dieses Netzwerk unter der Woche nicht bietet, besteht die Gefahr, dass sie zum Islam zurückkehren, weil der Verlust einfach zu gross ist.
Dies beobachtet etwa Pierre Houssney von der Organisation Horizons International: «Oft bleibt die Kirche hinter den Erwartungen zurück», erklärte er gegenüber Mission Network News. «Sie kommen an einem Sonntagmorgen, werden warm begrüsst und machen den Gottesdienst mit, hinterher gibt es vielleicht noch etwas Essen und dann ein 'Bis nächsten Sonntag'. Wenn sie dann von Sonntag zu Sonntag leben, bleiben sie oft nicht, weil sie nicht das Gefühl haben, wirklich Teil einer Gemeinschaft geworden zu sein, die ihre alte Gemeinschaft ersetzen kann.»
Falsches Verständnis
Ein anderes Problem sieht Houssney auch bei Konvertiten, die oft jahrelang eine Gemeinde besuchen, die christliche Lehre allerdings weiterhin von ihrem muslimischen Verständnis her interpretieren. Es geht dabei häufig um Sätze und Ausdrücke, die für Christen mit anderem Hintergrund völlig normal sind. «Bei vielen dieser Situationen sind die Ausdrücke im Islam und im Christentum sehr ähnlich, bedeuten aber in jeder Religion etwas völlig anderes. Wenn man etwa von der Natur Gottes, der Natur des Menschen, der Natur der Sünde spricht oder wie man Gottes Gunst erwirbt, dann gibt es da aufgrund der anderen Weltanschauung und Prägung ganz andere Interpretationen.»
Für Pierre Houssney ist daher klar, dass diese Begriffe den ehemaligen Muslimen völlig neu – aus christlicher Perspektive – erklärt werden müssen. «Sonst können sie die christliche Lehre gar nicht richtig verstehen, obwohl sie oft jahrelang eine Gemeinde besuchen», stellt der Missionar von Horizons International fest. Dann werde gewissermassen der Putz des Christentums irgendwie auf die islamische Weltanschauung der Menschen gepinselt, so Houssney, was natürlich keine gute Basis darstelle, um im Glauben wachsen zu können.
Wachstum ermöglichen
Um dieser Herausforderung zu begegnen, hat Horizons International ein Jüngerschaftsprogramm speziell für Christen mit muslimischem Hintergrund erstellt. Der Name: «Vom Löwenjungen zum Löwen». Es geht darin um die grundlegenden Dinge, wie man als Christ lebt, was das Gemeindeleben ausmacht und welche Rolle jeder Christ dabei spielt, aber auch, wie sich der christliche Glaube in der eigenen Familie, als Eltern und in der Ehe auswirken sollte. Das Programm gibt den Konvertiten nicht nur einen festen Glauben, es hat auch bewirkt, dass sich die Absolventen viel stärker in die lokale Kirche einbringen.
Das Programm wird seit mittlerweile zwölf Jahren in Kanada, Australien, im Libanon und in Nordafrika angeboten, in diesem Sommer erstmals in Paris. Houssneys grösster Rat für die Kirchen im Westen: eine Gemeinde zu werden, die ein attraktive Umgebung bietet für jemanden, der den Islam eigentlich gar nicht verlassen möchte.
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Datum: 25.04.2019
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / MNN